„Mandolarian“-Star Giancarlo Esposito„Schurken sind mein Spezialgebiet“

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Giancarlo Esposito als Moff Gideon in „The Mandalorian“

Giancarlo Esposito als Moff Gideon in „The Mandalorian“

  • Giancarlo Esposito wurde als Schauspieler durch Serien wie „The Getdown“, „Once Upon a Time“, „Dear White People“ oder „Breaking Bad“ bekannt.
  • Im Interview spricht er über die Star-Wars-Serie „Der Mandalorian“, in der er den Antagonisten Moff Gideon verkörpert, und darüber, als Schwarzer eine Hauptrolle in dieser Serie zu spielen.

Giancarlo Esposito, wann haben Sie zum ersten Mal realisiert, dass Sie verdammt gut darin sind, fiese, undurchschaubare Typen zu spielen? Giancarlo Esposito: Haha, gute Frage. Gleich in einer meiner ersten Rollen, in der Seifenoper „Another World“, spielte ich einen jungen Bösewicht und merkte, wie reizvoll solche Typen wirken können. Je häufiger ich dann Rollen dieser Art gespielt habe, desto mehr habe ich gemerkt, dass es mir anscheinend ganz gut gelingt, selbst bei den größten Abgründen noch die menschliche Seite solcher hervorzuholen. Das ist wichtig, denn wenn die Zuschauerinnen und Zuschauer realisieren, dass selbst im Bösen noch das Gute aufblitzt, dann müssen sie diese Figur ernst nehmen und eine Beziehung zu ihr aufbauen. Irgendwie wurde das dann zu meinem Spezialgebiet: Schurken mit einer gewissen Menschlichkeit.

Auch Moff Gideon, Ihre Figur in „Der Mandalorian“, entspricht nicht dem klassischen Gut/Böse-Schema. Was war Ihnen dabei wichtig, als Sie die Rolle übernommen haben?

Giancarlo Esposito: Ich habe mich nicht zu tief ins „Star Wars“-Universum eingewühlt, denn ich wollte nichts kopieren, was es womöglich schon mal gab. Peter Cushing spielte ja zum Beispiel im ersten Film 1977 bereits einen Moff. Er hatte in der Rolle etwas sehr Aristokratisches, das wollte ich bewusst vermeiden und meine Rolle sehr viel zupackender und bodenständiger anlegen. Moff Gideon sollte nicht nur Anführer, sondern auch selbst Krieger sein, denn ich glaube, wer nie gefolgt ist, kann auch nicht führen.

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Wie kam es eigentlich dazu, dass „Mandalorian“-Boss Jon Favreau Ihnen diese Rolle gab?

Giancarlo Esposito: Jon und ich kennen uns schon eine ganze Weile. Das erste Mal zusammengearbeitet haben wir 2012 bei der Serie „Revolution“, da hat Jon bei der Pilotfolge Regie geführt. Etwas später hat er mich für einen Werbespot für ein Videospiel engagiert. Da ging es um einen Vater, der seinem Sohn ein Gedicht von Rudyard Kipling vorliest. Während der Dreharbeiten sprachen Jon und ich darüber, dass es doch eine tolle Idee wäre, Kiplings „Dschungelbuch“ mal wieder zu verfilmen.

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Was Favreau dann ja auch gemacht hat!

Giancarlo Esposito: Genau, eines Tages rief er an und erzählte, dass sein nächster Film „The Jungle Book“ werden würde. Es war mir eine echte Ehre, darin Akela den Wolf zu sprechen. Für „Der König der Löwen“ hat er mich dann nicht gefragt, aber gut, ich sollte vielleicht auch nicht zu gierig sein. Zumal er sich stattdessen dann irgendwann wegen „Der Mandalorian“ meldete und meinte, er habe eine Rolle eigens für mich geschrieben.

Musste er Sie lange bitten, die auch anzunehmen?

Giancarlo Esposito: Natürlich nicht. Ich bin „Star Wars“-Fan seit der ersten Stunde. In Prinzessin Leia war ich als Junge natürlich verliebt, und auch an Luke Skywalkers Unschuld und Ehrlichkeit erinnere ich mich bis heute ganz genau. Ganz zu schweigen von Darth Vader und dieser tiefen, beeindruckenden Stimme von James Earl Jones. Als ich dann ans Set von „Der Mandalorian“ kam und gleich am ersten Drehtag zwischen 300 Stormtroopern stand, war ich entsprechend einigermaßen aufgeregt. Oder mindestens das Kind in mir. Wobei sich dann schnell auch ein Gefühl von Pflichtbewusstsein einstellte. Ich spürte nämlich ohne Frage eine große Verantwortung, sowohl angesichts des Vermächtnisses dieser legendären Film- und Serienwelt als auch der eindrucksvollen Größe dieser speziellen Produktion.

Zu Person und Serie

Giancarlo Esposito wurde als Sohn eines italienischen Bühnentechnikers und einer afroamerikanischen Sängerin 1958 in Kopenhagen geboren. In den 80er Jahren startete er mit kleinen Rollen in „Miami Vice“, „Die Glücksritter“ und „Cotton Club“ durch.

Später stand er vor der Kamera von Spike Lee („Do the Right Thing“, „Malcolm X“), Michael Mann („Ali“), Jodie Foster („Money Monster“) oder Bong Joon-ho („Okja“). Einige seiner größten Erfolge konnte der Vater von vier Töchtern allerdings mit Serien feiern: Feste Rollen spielte er in „The Getdown“, „Once Upon a Time“, „Dear White People“ oder „The Boys“. Die als Gus Fring in „Breaking Bad“ und „Better Call Saul“ brachte ihm drei Emmy-Nominierungen an.

Eine weitere bekam der 62-Jährige in diesem Jahr für die erste Staffel der Star Wars-Serie „Der Mandalorian“. Als Antagonist Moff Gideon ist er nun in der zweiten Staffel (bei Disney+ zu sehen) deutlich präsenter.

Das „Star Wars“-Universum ist lange eine recht weiße Welt gewesen. Empfinden Sie es als etwas Besonderes, jetzt als Schwarzer eine der Hauptrollen in dieser neuen Serie zu spielen?

Giancarlo Esposito: Natürlich ist es mir nicht entgangen, dass alle Moffs in den bisherigen „Star Wars“-Abenteuern stets weiß waren, nicht nur der besagte und von mir verehrte Peter Cushing. Aber eigentlich ist das keine Position, von der aus ich – als jemand, der halb Italiener, halb Afroamerikaner ist – auf meine Rolle blicke. Ich denke nicht: Oh, ich als Schwarzer spiele Moff Gideon. Sondern freue mich im Gegenteil, dass genau das eben eigentlich keine Rolle spielt. Weil das, was die Figur ausmacht, ganz andere Dinge sind. Und weil „The Mandalorian“ mit großer Selbstverständlichkeit eine multikulturelle Serie ist.

Wie wichtig sind Ihnen Ihre italienischen Wurzeln?

Giancarlo Esposito: Oh, immens wichtig. Italien ist für mich genauso Heimat wie die USA, auch wenn ich einen Großteil meines Lebens in Amerika verbracht habe. Mein Vater war Italiener, er und meine Mutter verliebten sich, als sie am Opernhaus San Carlo in Neapel sang, wo er als Bühnentechniker arbeitete. Als ich geboren wurde, lebten und arbeiteten sie dann in Kopenhagen, aber ich habe auch die italienische Staatsbürgerschaft. Meine Welt war immer eine mit mehreren Wurzeln und verschiedenen, gleichberechtigten Eindrücken. Die Südstaaten-Herkunft meiner Mutter war mir genauso wichtig wie das Italienische, aber in den USA herrschte ja lange ein Schwarz-Weiß-Denken vor. Deswegen habe ich den Italiener in mir eher klein gehalten und sogar meinen Nachnamen amerikanisch statt authentisch ausgesprochen. Erst in den letzten 20 Jahren bin ich ganz bei mir selbst angekommen und weiß die unterschiedlichen Seiten in mir gleichermaßen zu schätzen. Inzwischen fahre ich so oft ich kann nach Italien und pflege diese Herkunft. Ohne dass mich das einen Deut weniger schwarz sein ließe.

Das Gespräch führte Patrick Heidmann

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