Abo

#MeToo-Debatte beim WDRAufsichtsgremium tagt – für Intendant Buhrow geht es um viel

Lesezeit 3 Minuten
WDR

Symbolbild

Köln – Sitzungen des WDR-Rundfunkrats sind in der Regel wenig aufregend. Am Dienstag könnte es hingegen spannend werden. Zum ersten Mal seit Beginn der MeToo-Debatte im WDR Anfang April tagt das Aufsichtsgremium. Und insbesondere für Intendant Tom Buhrow und seinen Fernsehdirektor Jörg Schönenborn geht es um viel.

Die Vorwürfe sexueller Belästigung, die bekannt geworden sind, haben den Sender in eine tiefe Krise gestürzt. Am Anfang hieß das Motto: Abwiegeln und kleinreden, so wie das die öffentlich-rechtliche Anstalt eigentlich immer handhabt. Doch mittlerweile ist die WDR-Führung in ihrer Taktik umgeschwenkt. Buhrow weiß, dass Wegducken nicht mehr funktioniert.

Das könnte Sie auch interessieren:

Er will nun beweisen, dass er handelt. Deshalb schrieb er auch in Vorbereitung der Sitzung an die Rundfunkratsmitglieder, um genau dies zu betonen. Die Geschäftsleitung habe „ad hoc zusätzlich zum Interventionsausschuss eine externe Anlaufstelle für Betroffene geschaffen“. Zudem solle die externe Anlaufstelle permanent verankert werden.

Und er verwies in dem Schreiben auf die Berufung von Monika Wulf-Mathies, die klären soll, wie der WDR mit den Vorwürfen umgeht. Der Sender befindet sich zudem gerade in Gesprächen über eine Zusammenarbeit mit Wolfram Winter, der lange für Sky arbeitete, und mit Andreas Fünfgeld, Geschäftsführer der Agentur Media 5, wie die Pressestelle bestätigt. Weiter Angaben zu Kosten des Engagements oder möglichen Aufgaben machte sie nicht.

Auch die sehr rasche Freistellung von Fernsehfilmchef Gebhard Henke soll wohl ein Zeichen sein, dass nun endlich gehandelt wird und alles aufgedeckt werden soll. Über den Fall Henke gerät allerdings in den Hintergrund, dass der WDR in anderen Fällen von solch schnellen Schritten weit entfernt ist.

Abmahnung wegen Hinweises auf Übergriffe

So arbeitet der WDR-Mitarbeiter, auf dessen mutmaßliche Übergriffe der Brüsseler Korrespondent Arnim Stauth schon 2010 hinwies, weiterhin für das Haus. Damalige Untersuchungen, in die auch Schönenborn involviert war, blieben ergebnislos. Stauth allerdings wurde abgemahnt, man drohte ihm gar mit arbeitsrechtlichen Konsequenzen, sollte er seine Vorwürfe wiederholen.

Für Schönenborn könnten diese Vorgänge gefährlich werden, denn bald steht die Vertragsverlängerung für seinen Posten als Fernsehdirektor an. Und während Buhrow vermutlich jeden Abend Dankgebete spricht, dass sein Vertrag kurz vor Bekanntwerden der Belästigungsvorwürfe verlängert wurde, muss Schönenborn, der auffallend zurückhaltend agiert, nun warten.

Für den Rundfunkrat, der in seinem Streben danach, von Buhrow und der WDR-Führung gemocht zu werden, oft vieles ungefragt durchwinkt – sehr zum Leidwesen der WDR-Mitarbeiter –, bietet die jetzige Krise die Chance zu zeigen, dass er seine Aufsichtsrolle ernst nimmt und das Handeln der WDR-Führung kritisch hinterfragt.

Die Zweifel bei den Mitarbeitern sind groß

Denn in der Mitarbeiterschaft sind die Zweifel, ob es eine angemessene Aufarbeitung der Vorwürfe gibt, weiterhin groß. Und durch seinen plötzlichen Aktionismus macht sich Buhrow nicht nur Freunde. Unverständnis herrscht etwa bei vielen über die Tatsache, dass nun gleich drei Kanzleien mit den Vorgängen befasst sind.

Und es ist zu hören, dass dem Personalrat der von ihm angeregte externe Beirat deutlich lieber gewesen wäre als eine einzelne Sonderbeauftragte, deren Berufung Buhrow nicht mit dem Gremium abstimmte.

Im WDR muss sich einiges ändern. Der Rundfunkrat hat nun die Aufgabe, nicht bloß ein paar kritische Alibi-Fragen zu stellen, sondern diese Veränderung langfristig einzufordern.

KStA abonnieren