„Syrien – Gegen das Vergessen“Eine Kölner Ausstellung, die niemand haben wollte

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Geschichtenerzähler in Damaskus 

Köln – Es leben 15.000 Syrier in Köln, sagt Jabbar Abdullah, und man darf wohl annehmen, dass die meisten von ihnen auf die eine oder andere Weise ihre Heimat verloren haben; weil sie vor dem Krieg oder vor Baschar al-Assads Folterknechten fliehen mussten, weil ihr Haus dem Erdboden gleicht oder weil ihnen das von Diktatur und Krieg verwüstete Land fremd geworden ist. Abdullah selbst lebt seit 2014 in Köln. Beinahe so lange möchte er den exilierten Syrern eine Heimat der Erinnerung geben.

Jabbar Abdullah suchte mehrere Jahre nach einem Museum

Jetzt ist der Archäologe am Ziel angekommen, und zwar mit der Ausstellung „Syrien – Gegen das Vergessen“ im Kölner Rautenstrauch-Joest-Museum. Voraus ging ihr eine mehrjährige Odyssee durch Kölner und andere deutsche Museen, denen Abdullah sein ausgereiftes Ausstellungskonzept vortrug – und das immer nicht ganz zu passen schien. Im Grunde gilt das auch für die nun eröffnete Kölner Schau. Sie verbindet archäologische Objekte mit mündlich überlieferter Geschichte, Alltagskultur mit Kunst, journalistische Fotografien mit persönlichen Erinnerungen und sprengt damit jeden Rahmen, den sich ein ethnologisches Museum für gewöhnlich setzt.

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Vermutlich fand Nanette Snoep, die Direktorin des Rautenstrauch-Joest-Museums, gerade deswegen an der Ausstellung Gefallen – und selbstredend wegen der Idee, an ein Syrien zu erinnern, das schon deswegen niemals untergehen kann, weil es sowohl in der Geschichte wie auch in den Menschen tiefe Wurzeln geschlagen hat. Historisch beginnt Abdullah seine Schau mit steinzeitlichen Faustkeilen, die ein radelnder Archäologe im Jahr 1930 aus dem syrischen Yabroud nach Deutschland brachte, und führt die archäologischen Fundstücke auf einem „Zeitstrahl“ bis zu Spuren des römischen Reichs. Es sind keine Prunkstücke darunter, aber sie erzählen deutsch-syrische Geschichten, die mitunter in einer Kölner Sammlung enden.

Das Museum als Ort kollektiven und zugleich sehr persönlichen Erinnerns

Auch in der Gegenwart betont Abdullah die Vielfalt der syrischen Kultur. Es gibt Exkurse zu den verschiedenen Religionen, zur Badekultur, zu Mode und Schmuck sowie Impressionen aus dem Alltag der großen Städte Damaskus, Aleppo und Raqqa. Auf den Foto- und Videowänden zum Stadtleben sammelte Abdullah auch aktuelle Aufnahmen aus Syrien, deren Urheber er nicht nennen mag, weil ihnen in der Heimat sonst ernste Gefahren drohen könnten.

Begleitet wird die Ausstellung, für die es Führungen in arabischer Sprache gibt, von einer Vielzahl an Veranstaltungen. So könnte das Rautenstrauch-Joest-Museum tatsächlich zu einer Stätte kollektiven Erinnerns werden – und zu einer temporären Heimat in der Fremde.

„Syrien - Gegen das Vergessen“, Rautenstrauch-Joest-Museum, Cäcilienstr. 29-33, Köln, Di.-So. 10-18 Uhr, bis 11. September 

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