„Zündet Bombe von draußen“Schlesinger verteidigt sich – und sorgt mit Foto für Wirbel

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Schlesinger dpa 080922

Patricia Schlesinger (Archivbild)

Potsdam/Köln – Die fristlos entlassene Intendantin des Rundfunks Berlin-Brandenburg (RBB), Patricia Schlesinger, hat sich erneut gegen Vorwürfe des Filzes und der Vetternwirtschaft verteidigt. In einem Interview der Wochenzeitung „Die Zeit“ äußerte sie zugleich Bedauern darüber, dass sie Unmut im eigenen Haus gegen die Führung unterschätzt habe. Schlesinger ließ offen, ob sie gegen die fristlose Kündigung vorgehen wird.

Für das Interview wurden von Schlesinger auch Portrait-Aufnahmen gemacht – die nun zusammen mit den Aussagen der geschassten Intendantin für Wirbel in den sozialen Netzwerken sorgen. Schlesinger posiert auf den Bildern in selbstbewusster Pose auf einer schwarzen Couch, im Hintergrund ist lediglich eine blanke Betonwand zu sehen.

Schlesinger-Fotos sorgen für viel Wirbel auf Twitter

Die Fotos erregten so viel Aufmerksamkeit, dass sich Interview-Autorin Cathrin Gilbert und die Artdirektorin der „Zeit“, Malin Schulz, bei Twitter zu den Aufnahmen äußerten. Zuvor hatten sich viele Betrachter und Betrachterinnen gefragt, ob Schlesinger die Motive selbst auswählen durfte. „Selbstverständlich hat Patricia Schlesinger die Fotos zu ihrem Interview nicht selbst ausgesucht, sondern wir, die Redaktion“, verkündeten die Zeit-Mitarbeiterinnen in gleichlautenden Tweets.

Auch inhaltlich wurde das Interview teilweise scharf kritisiert, der Fokus lag bei den meisten jedoch auf dem als unpassend empfundenen Foto. Die ehemalige RBB-Intendantin wurde mit Memes und Sprüchen in den sozialen Netzwerken durch den Kakao gezogen – und bekam auch von RBB-Mitarbeitern Kritik zu hören.

„Wie out-of-touch muss man sein, dass man denkt: Geil, so will ich fotografiert werden, wenn mir Vorteilsnahme vorgeworfen wird“, schrieb die RBB-Datenjournalistin Haluka Maier-Borst bei Twitter. „Wir rackern uns hier im Laden seit Wochen ab, um den Ruf wiederherzustellen. Und dann zündet die Ex-Intendantin noch eine Bombe von draußen.“

Patricia Schlesinger: „Ich habe alles nach bestem Wissen abgerechnet“

Zu den seit Ende Juni durch Medienberichte aufgekommenen Vorwürfen gegen Schlesinger zählt eine umstrittene Praxis von Abendessen in ihrer Privatwohnung auf Senderkosten, angeblich sollen sie nicht korrekt abgerechnet worden sein. Dazu sagte sie: „Ich habe alles nach bestem Wissen abgerechnet.“

In die Kritik geriet auch, dass der RBB für einen teuren Dienstwagen Schlesingers mit Massagesitzen einen sehr hohen Rabatt bekam - der Intendantin stand zudem ein Privatchauffeur zur Verfügung. Die 61-Jährige sagte, sie habe sich keine Massagesitze gewünscht. „Ich habe den Wagen nicht selbst konfiguriert. Ich brauche keine Massagesitze, das ist für mich überflüssiger Klimbim.“ Autos würden ihr nicht viel bedeuten. „Ich fahre privat einen VW Polo, der 17 Jahre alt ist. Der steht da draußen vor der Tür. Ansonsten ein altes weißes Fahrrad.“

Patricia Schlesinger bedauert, „dass das gesamte öffentlich-rechtliche System unter Beschuss gerät“

Übel stieß auch die Renovierung des Intendanz-Bereichs mit schicken Möbeln und edlem Parkett auf - auch dort soll es einen Massagesessel gegeben haben. Schlesinger sagte: „Der Massagesessel ist zum Symbol geworden. Ich habe ihn weder bestellt noch benutzt.“ Er habe 1200 Euro gekostet. „Er wurde angeschafft, weil in der Intendanz zwei Menschen Bandscheibenvorfälle hatten und sich aber sehr schnell wieder ins Büro gesetzt haben.“ Sie habe ihn in einen Raum ganz am Ende des Ganges verbannt, „weil ich dieses große, unförmige Ding schlicht peinlich fand“.

Schlesinger sagte zugleich, sie habe den Unmut der Mitarbeiter im Haus unterschätzt. „Der Unmut und die Wut im Sender sind aus meiner Sicht so stark, dass ich mir vorwerfe, dass ich das nicht gesehen habe. Das tut mir leid.“ Probleme habe sie nicht weggebügelt. An anderer Stelle des Interviews sagte sie auch: „Ich bedaure zutiefst, dass vor allem das gesamte öffentlich-rechtliche System nun unter Beschuss gerät.“

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Die Ex-Intendantin verglich die Berichterstattung über die Vorwürfe gegen sie und den zurückgetretenen Senderchefkontrolleur Wolf-Dieter Wolf unterdessen mit einem „Tsunami“. Die Generalstaatsanwaltschaft Berlin ermittelt in der Sache – bis zur Aufklärung gilt die Unschuldsvermutung.

Schlesinger sagte in dem Zeitungsinterview zu den Vorwürfen, die beinahe täglich seit Ende Juni immer mehr wurden: „Geschlafen habe ich nicht viel in der Zeit. Es fühlte sich an wie das Nachladen eines Gewehrs, das auf mich gerichtet war. Viele der Vorwürfe stimmen nicht.“ (mit dpa)

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