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Aus dem Klang schmelzender Gletscher

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Immer schon waren Big Bands ein wesentlicher Bestandteil der Jazz-Stadt Köln, doch schon lange gab es nicht mehr so viele herausragende Großorchester in Köln wie heute. Kaum zuvor war die stilistische Bandbreite variantenreicher, das Klangspektrum vielfältiger, vitaler und experimentierfreudiger.

Nun präsentiert sich das Fuchsthone Orchestra als neues, musikalisch ausgedehntes Sternbild am Big-Band-Firmament. Dafür haben die Komponistinnen, Arrangeurinnen und Musikerinnen Christina Fuchs und Caroline Thon ihren Klangkörper sensationell gut besetzt, unter anderem mit Roger Hanschel, Matthew Halpin, Theresia Philipp, Jens Böckamp, Heidi Bayer, Tobias Wember, Filippa Gojo und Laia Genc – mit die Besten, die Köln derzeit im Jazz zu bieten hat. Ungewöhnliche Akzente im neuen orchestralen Sound setzen zudem die Violinistin Zuzana Leharova und die Elektronikerin Eva Pöpplein.

Wie sich das anhört? „Ein bisschen Überraschung muss schon dabei sein“, lacht Christina Fuchs, um sich dann doch ein wenig ins Konzept blicken zu lassen. „Wenn ich schreibe, will ich immer eine Geschichte erzählen, so habe ich für die neue Band beispielsweise ein sehr aktuelles Thema aufgegriffen. Darin geht es mir um die schmelzenden Gletscher nicht nur in Island, sondern der gesamten Welt.“ Unabhängig von ihr, aber das Sujet perfekt ergänzend hat Caroline Thon diverse Wassergeräusche aufgenommen: „Das sind jeweils komplett unterschiedliche Klänge, das Plätschern eines Flusses, das Rauschen von Wellen, Regen, der von einer Brücke herabtropft. Eva Pöpplein übernimmt all das und verfremdet es nach unseren Vorstellungen.“

Eva Pöpplein, Computermusikerin, Tonmeisterin und Toningenieurin, wurde von den beiden Leiterinnen schon in der frühen Phase des Komponierens und Arrangierens hinzugezogen: „Sie hat eine tragende Funktion, auf der wir alles aufbauen“, so Fuchs. „Klassische Big Band haben wir sowieso schon gemacht, wobei immer hörbar war, dass wir nicht wie etwa Thad Jones und Mel Lewis schreiben, sondern orchestraler, und jetzt denken wir noch konsequenter in diese Richtung, um neue Wege und neue Sounds zu finden. Das ist der Plan des ganzen Unterfangens.“ Und Thon ergänzt: „Es geht uns um die Veränderung von Klangfarben. Damit zu spielen und vieles auszuprobieren, das passt sehr gut zu einem zeitgenössischen Orchester. Wie kommt da welche Klangfarbe hinein, wie muss man schreiben, damit man irgendwann einmal eine Blockflöte im Big-Band-Kontext hören kann?“

An diesem Freitag präsentieren die beiden nun erstmals ihr Fuchsthone Orchestra live im Kölner Stadtgarten. Es ist der Auftakt einer regelmäßigen Konzertreihe, die das Prozesshafte des Orchesters als sich ständig weiter und anders entwickelndes Experimentierfeld einschließt. So sollen ständig neue Klanglandschaften entstehen. Christina Fuchs: „Zwei Konzerte im Jahr, eines im Frühjahr und eines im Herbst. Das ist eine gute Grundlage, um kontinuierlich zu arbeiten.“ Fuchsthone Orchestra, 15.11.,

20 Uhr im Kölner Stadtgarten

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