Berliner Stadtschloss-PosseWie der Versandhauskönig auf die Kuppel kam

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Die Kuppel des Stadtschlosses vor dem Berliner Funkturm

Die Kuppel des Stadtschlosses vor dem Berliner Funkturm

Köln – Dass in dem Namen Jesu sich beugen sollen aller derer Knie, die im Himmel und auf Erden und unter der Erde sind. So steht es in goldenen Lettern auf der Kuppel des nachgebauten Berliner Stadtschlosses, in dem bald das Humboldt-Forum historische Schätze aller Erdteile gleichberechtigt nebeneinander zeigen soll. Wer es seltsam fand, dass ausgerechnet ein christliches Kreuz über dem gemeinsamen Dach der Weltkulturen thront, wurde mit dem Hinweis beschieden: Ist doch nur ein bauhistorisches Zitat.

Die Weltkulturen beugen sich unter dem christlichen Kreuz

Jetzt fand sich eine weitere Botschaft auf der Kuppel, und die ist mindestens so sprechend wie ein gebeugtes Knie. „Im Gedenken an meinen Mann Werner A. Otto 1909-2011, Inga Maren Otto“ ist in den goldenen Reichsapfel graviert, der dem Kreuz als Sockel dient. Doch wie kam der Versandhauskönig („Ottoversand Hamburg“) auf die Kuppel? Ganz einfach: Seine Witwe hat einen stattlichen Betrag für deren Bau gespendet und lässt sich dies nach alter Stifterart im Kunstwerk selbst quittieren.

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Sieht ja keiner, mögen sich die Bauherren bei ihrem Kniefall vor dem Geld gedacht haben. Aber jetzt weiß es halt jeder, und ein Schelm ist, wer dabei an die Altäre denkt, auf denen sich Bürger als fromme Menschen verewigen ließen, während sie vor allem zeigen wollten, was sie sich leisten können und wer sie sind. Um weltliche Machtansprüche im Medium der Religion geht es wohl auch bei der aktuellen Kuppelposse. Wobei die große Zeit der Marke Otto vorbei ist und die christliche Botschaft ebenfalls schon mal mehr Abnehmer fand. So thront das Kreuz als doppelter Abschiedsgruß über Berlin.

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