Chancen und Risiken des InternetsDie Grenzen der Freiheit

Lesezeit 3 Minuten
Peter Pauls (von links), Thomas Jarzombek, Oliver Eckert, Rolf Schwartmann, Joachim Paul und Anné Schwarzkopf diskutierten im studio dumont.

Peter Pauls (von links), Thomas Jarzombek, Oliver Eckert, Rolf Schwartmann, Joachim Paul und Anné Schwarzkopf diskutierten im studio dumont.

Köln – Das Internet vergisst nicht. Informationen und Bilder sind auch Jahre, nachdem sie online gestellt wurden, noch mit wenigen Klicks zu finden. Doch was ist, wenn wir das gar nicht wollen? Können wir verlangen, dass alle persönlichen Daten über uns aus dem Internet gelöscht werden? „Theoretisch ja“, sagte Medienrechter Rolf Schwartmann am Mittwochabend bei einer Podiumsdiskussion der Reihe „Deal Talk“ im Kölner studio dumont. Die Realität sei aber eine andere: „Sich gegen das Internet zu wehren, ist, als wolle man sich gegen die Schwerkraft wehren. Es geht nicht.“

Gastgeberin Anné Schwarzkopf, Geschäftsführerin von Anné Schwarzkopf Communications, und Co-Moderator Peter Pauls, Chefredakteur des „Kölner Stadt-Anzeiger“, diskutierten mit ihren Gästen aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft über das Thema „Mensch 2.0 – Wie wir das Internet nutzen und wie es uns (be)nutzt“. Einig waren sich alle Teilnehmer, dass man ohne ausreichende Medienkompetenz in der heutigen Zeit nicht mehr bestehen kann. Für viel Diskussionsstoff sorgten hingegen die zwei Fragen, die im Mittelpunkt standen: Was gelten Eigentum und Privatsphäre im Internet? Wie unterscheidet man zwischen guten und schlechten, richtigen und falschen Informationen im Netz?

Im Mittelpunkt der Diskussion stand die Frage, wie Urheberrechte im Internet geschützt werden können. Einen freien und kostenlosen Zugang zu Bildung im Internet forderte Joachim Paul, Vorsitzender der Piraten im NRW-Landtag. Seine Partei sei ein „natürlicher Freund aller Urheber“, doch das bestehende Recht müsse reformiert werden, da es einen freien Zugang zum Markt verwehre und damit vielen die Chance raube, Geld mit ihren Produkten zu verdienen. Ihm widersprach der Komponist Matthias Hornschuh. Er könne es nicht mehr hören, wenn gesagt werde, es sei doch Werbung für ihn, wenn seine Musik bei YouTube für jeden zu hören sei. Seine Name tauche dort gar nicht auf, er müsse aber von seiner Arbeit leben: „Wenn ich kein Geld damit verdiene, dann verdient Google daran.“

Verwertungsgesellschaften wie die GEMA seien nicht überflüssig, sondern notwendig. Rolf Schwartmann warb für mehr Aufklärung. Man müsse die User für Verstöße sensibilisieren und ihnen vermitteln, wie viele Informationen etwa Apps ohne ihr Wissen über sie sammeln.

„Das Urheberrecht ist an manchen Stellen zu unflexibel“, räumte Thomas Jarzombek, CDU-Bundestagsabgeordneter, ein. Der Markt müsse dezentralisiert werden. Die Bestrebungen der Piraten erinnerten ihn jedoch an das Motto „Freibier für alle“. Das sei auch nicht die Lösung.

Einen Kernbereich journalistischer Arbeit berührte der zweite Teil der Diskussion. Das Web unterscheide nicht zwischen guten und schlechten Informationen, sei häufig wie ein Pranger. Peter Pauls führte das Beispiel der Ehefrau eines Spitzenpolitikers an, die aufgrund von Diffamierungen im Internet damit leben muss, dass ein vorgeschlagener Suchbegriff bei Google im Zusammenhang mit ihrem Namen „Prostituierte“ ist. Oliver Eckert, Geschäftsführer der Finanzen100 GmbH sowie der Tomorrow Focus Media GmbH sagte: „Auch im Internet muss man lernen, Quellen einschätzen zu können.“ Seriöser Online-Journalismus leiste genau dies. Rolf Schwartmann sagte, das Beispiel der Nacktfotos von Prinz Harry, die die britische „Sun“ veröffentlichte, da sie ja ohnehin im Internet zu sehen seien, offenbare eine gefährliche Logik. Persönlichkeitsrechte hätten auch im Internet Bestand: „Freiheit hat Grenzen, auch wenn man sie nicht sieht.“

Thomas Jarzombek und Oliver Eckert plädierten dafür, mehr auf die Chancen zu schauen, die das Internet bietet, ,als auf die Risiken. „Wir sind in Deutschland zu defizitorientiert. Wir liegen meilenweit hinter Nordamerika zurück, was die Nutzung der Möglichkeiten angeht“, so Eckert. Da müsse viel passieren, wenn Deutschland konkurrenzfähig werden wolle: „Im Moment machen wir viel Regionalliga.“

KStA abonnieren