Einstweilige Verfügung gegen PläneStefan Raab stürzt Brainpool abermals in die Krise

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Lange Zeit das Gesicht von Brainpool: Stefan Raab

Lange Zeit das Gesicht von Brainpool: Stefan Raab

Köln – Nachdem die Fernsehfirma Brainpool 1994 gegründet worden war und seit sie 1995 die „RTL Nachtshow“ mit Thomas Koschwitz produzierte, spielte sie rasch eine Rolle als Motor der Medienstadt Köln. Shows mit Anke Engelke („Danke, Anke!“, „Ladykracher“), Harald Schmidts legendärer Wechsel ins Fach des Late-Night-Talks, schließlich der Einstieg von Stefan Raab in das Unternehmen – all das machte Brainpool zu einer Institution, die mit der Einführung des Privatfernsehens in Deutschland nicht nur groß wurde, sondern zuverlässig Akzente setzte. Wobei die Firma stets dem treublieb, was sie von Anfang an am besten konnte – der Fernsehunterhaltung, von leicht bis seicht.

Dafür stand vor allem auch ihr Mitgründer und Chef, der 1962 im westfälischen Datteln geborene Jörg Grabosch. Vor Brainpool hatte er unter anderem als Autor und Realisator für den WDR, für „Stern TV“ (RTL/DCTP) und Deutsche Welle TV sowie als Chef vom Dienst bei Rias TV gearbeitet. 1991 ging er als Chefredakteur zum Hamburger Pay-TV-Sender Premiere, wo er zahlreiche Sendungen des Live-Interviewformats „0137“ produzierte, das rasch als Talentschmiede galt und von Moderatoren wie Roger Willemsen und Sandra Maischberger präsentiert wurde.

Machtwechsel im Hause Brainpool

Wenn Brainpool zu einem kleinen Imperium in der deutschen TV-Landschaft aufstieg, dann war Grabosch sein Herrscher, allerdings einer, der lieber im Hintergrund regierte. Wie aber soll man nennen, was aktuell geschieht? Palastrevolution, Königsmord? Ein Drama von den Ausmaßen einer Shakespeare-Tragödie, mindestens? Am Donnerstag nämlich sollte es zum Machtwechsel im Hause Brainpool kommen – im Rahmen einer Gesellschafterversammlung in Köln, auf der die Unternehmensanteile von Graboschs Zögling Stefan Raab an das französische Medienunternehmen Banijay Entertainment übergehen sollten. Damit hielte Banijay die Mehrheit an Brainpool, im selben Atemzug wollten die Franzosen einen neuen Herrscher über das Brainpool-Reich ernennen: Peter Langenberg würde nach ihrem Willen die Kölner Firma als Geschäftsführer leiten, und Grabosch sowie Andreas Scheuermann sollen vom Hof gejagt werden.

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Doch daraus wird vorerst nichts, wie der Online-Medieninformationsdienst DWDL.de berichtet. Grabosch hat vor dem Landgericht Köln eine einstweilige Verfügung gegen die Pläne von Banijay und Stefan Raab erwirkt. Auf Anfrage bestätigt Katja Plüm von Brainpool die Richtigkeit des DWDL-Artikels – eine weitergehende Stellungnahme gibt es seitens der Kölner Firma nicht, auch nicht zu der Frage, ob die heutige Gesellschafterversammlung unter diesen Vorzeichen überhaupt noch stattfindet.

Grabosch, so darf man es wohl sagen, kämpft um sein Lebenswerk. Aber daran ist er ja gewöhnt, denn Aufstieg und Niedergang, Triumph und Depression gehören wie zur ganzen Branche auch zur Geschichte von Brainpool: In diesen Tagen zum Beispiel feiert man mit „Pastewka“ und „Pussy Terror TV“ wieder schöne Erfolge, während sich die Firma noch 2016 mit Arbeitsgerichtsprozessen und Krisenstimmung herumschlagen musste. Damals hatte Stefan Raab seinen Rückzug aus der Öffentlichkeit erklärt, und mit der Lichtgestalt schien für manchen auch Brainpool von der Bildfläche zu verschwinden.

Stars werden Anteilseigner

Die Sorge war sicher übertrieben, aber im Fall der Kölner Firma hatte sie einen besonderen Hintergrund. Es ist nämlich eine Spezialität von Brainpool, dass die Stars in besonderem Maß an das Unternehmen gebunden werden – als Anteilseigner. Und dieses Modell geht auf Grabosch zurück.

Er zog damals die Konsequenz aus der ersten Krise der Firma, die gleich drei Jahre nach dem Start über sie hereinbrach. Mit seiner Late-Night-Show, einem für Deutschland noch ungewohnten Format, avancierte Harald Schmidt in der zweiten Hälfte der 90er zum Gesicht von Sat1 und der produzierenden Firma Brainpool in Köln. Diese zu verlassen und ein eigenes Label zu gründen, fiel Schmidt 1998 nicht schwer, stürzte Brainpool aber in Not. Also führte Grabosch seine spezielle Förderung der Unternehmensloyalität ein. Ausgerechnet sein Freund und Günstling Stefan Raab scheint nun damit nichts mehr anfangen zu können.

TV-Produktionen von Brainpool

Der Bachelor: Hier sucht ein attraktiver Junggeselle auf RTL nach einer ebenso attraktiven Lebenspartnerin.

Elton vs. Simon: Bei dieser Gameshow versuchen Elton und Simon Gosejohann, der Strafe zu entgehen, die dem Verlierer droht.

ESC-Vorentscheid: Wer darf Deutschland beim Eurovision Song Contest vertreten? In Kooperation mit der ARD wurde dies achtmal hier entschieden.

Luke! Die Woche und ich: Luke Mockridge führt mit Stand-Up-Comedy durch diese Late-Night-Show auf Sat1.

NightWash: Eine Comedyshow auf One, bei der junge Stand-Up-Comedians in einem Waschsalon auftreten

Pastewka: In dieser Sitcom spielt Bastian Pastewka sich selbst.

Promiboxen: Auf wechselnden Privatsendern treffen Prominente im und am Boxring aufeinander.

Rent a Pocher: Comedian Oliver Pocher konnte bei dieser Unterhaltungsshow für die unterschiedlichsten Aufgaben gemietet werden, etwa als Hund oder Double von Daniel Küblböck.

Stromberg: Comedy-TV-Serie auf ProSieben nach dem Vorbild der britischen Sendung „The Office“

TV Total: 16 Jahre lang war die von Stefan Raab moderierte Late-Night-Show das Aushängeschild von Brainpool. (ReL)

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