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Fast jeder Song ein StandardCountry-Legende John Prine stirbt an Covid-19

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John Prine

John Prine

  • Er war einer der Lieblingsschreiber von Bob Dylan, Kris Kristofferson besorgte ihm seinen ersten Plattenvertrag.
  • Nun ist der legendäre Country- und Folkmusiker John Prine mit 73 Jahren an den Folgen einer Coronavirus-Infektion gestorben.

Als Bob Dylan vor rund zehn Jahren nach seinen Lieblingssongschreibern gefragt wurde, war John Prine einer der ersten Namen, die ihm einfielen. „Prines Songs sind reiner proust’scher Existenzialismus“, lobpreiste Dylan. Freilich schrieb Prine nicht über die feinen Unterschiede der Einprozenter. Er richtete sein Vergrößerungsglas auf Leute, deren eintönige Lebensläufe nur selten literarischen Ehrgeiz anstacheln: ausgebrannte Rentner und drogensüchtige Soldaten, einsame Hausfrauen, Kellnerinnen und Postboten, wie er selbst einer war, bevor er Ende der 1960er Jahre in Chicagos Folk-Szene reüssierte.

Schon damals fand John Prine prominente Fürsprecher: Der Country-Outlaw Kris Kristofferson besorgte ihm seinen ersten Plattenvertrag. Das selbstbetitelte Debütalbum aus dem Jahr 1971 wurde kein Erfolg, doch wenige Jahre später galt fast jeder seiner Songs als Standard. Denn während Prine selbst nie einen großen Hit landete, coverten etliche Stars, die sonst scheinbar nichts gemeinsam hatten, seine Lieder: Joan Baez, Carly Simon und Bette Middler, Elvis Costello, Bon Iver, Roger Waters und Johnny Cash, der Prine ebenfalls als einen der besten Songschreiber Amerikas ausrief.

Pines Lieder konnten von herzzerreißendem Realismus sein — „da ist ein Loch in Papas Arm, da fließt das Geld herein“, singt er über den heroinsüchtigen Vietnam-Veteranen in „Sam Stone“ –, von beißender Satire – „Deine Flaggen-Aufkleber verschaffen dir keinen Zutritt zum Himmel mehr / Wir sind schon übervoll von deinem dreckigen, kleinen Krieg“ heißt es über einen Hurra-Patrioten, der seine Windschutzscheibe derart mit Botschaften über Amerikas Größe zugepflastert hat, dass er gegen einen Baum kracht —, oder von sanftem Surrealismus, wie in „Illegal Smile“: „Eine Schüssel Haferbrei hat versucht, meinen Blick niederzuzwingen und gewonnen.“

„The Missing Years“: Das passende Album nach trunkenen Jahren

Nach einigen trunkenen Jahren in Nashville gewann Prine mit dem passend betitelten Album „The Missing Years“ mit Gastauftritten von Bruce Springsteen, Bonnie Raitt und Tom Petty 1991 seinen ersten Grammy. Ein Tumor am Hals hinterließ ihn sichtbar gezeichnet und mit einer tieferen, heiseren Stimme. Doch Prine genoss auch seinen inzwischen legendären Ruf, nahm Duette mit alten Country-Größen und neuen Indierock-Stars auf, und selbst eine spätere Lungenkrebs-Erkrankung hielt ihn nicht davon ab zu touren.

Doch am vergangenen Dienstag starb John Prine im Alter von 73 Jahren an den Folgen von Covid-19 in einem Krankenhaus in Tennessee und residiert nun ein paar Stockwerke höher in dem „Tower of Song“, den Leonard Cohen einst besang. Wie weit Prines Einfluss als Songschreiber reichte, kann man auch an dem weiten Spektrum von Prominenten sehen, die kondolierten. John Prine berührte sie alle und so viele Menschen mehr.

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