FilmDer hellste Punkt

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Das Kuratorium des Deutschen Kamerapreises vergibt den Ehrenpreis 2017 an Jo Heim. Der gebürtige Stuttgarter mit Wohnsitz in Köln wird für "seine immense Vielfalt in der Gestaltung" ausgezeichnet, fürs Lebenswerk noch nicht. Es ist diese Begründung, die beim Preisträger Freude auslöst, "dass die Arbeit in verschiedensten Genres so erkannt wurde."

Jo Heim (59) schloss in den noch weitgehend analogen 80er Jahren zwei Studiengänge in München ab, einen als Diplom-Kaufmann, den anderen im Zweig Regie an der Hochschule für Film und Fernsehen, weil Kamera als Studienzweig noch nicht eingerichtet war. Zunächst war er in den Bereichen Werbespot, Kurz- und Dokumentarfilm tätig, 1996 folgten erste Arbeiten für Fernsehserien, der erste Kinofilm war 1999 "Schlaraffenland" unter der Regie von Friedemann Fromm. Jo Heim fotografierte fünf "Tatort"-Krimis und den Mehrteiler "Die Patin", für seine Bildgestaltung in "Die Hebamme - Auf Leben und Tod" erhielt er den Grimme-Preis. Seine Arbeit fürs Kino ist geprägt durch den frühen Sensationserfolg mit "7 Zwerge - Männer allein im Wald", dem er einen hinreißenden Studio-Fantasy-Look verpasste, mehr aber noch durch die Zusammenarbeit mit Simon Verhoeven. Die begann 2001 mit Verhoevens Debüt "100 Pro", es folgten der Komödienerfolg "Männerherzen" mit der Fortsetzung "Männerherzen... und die ganz ganz große Liebe", der international besetzte Gruselthriller "Unfriend" und als bisheriger Höhepunkt der letztjährige Publikumshit "Willkommen bei den Hartmanns". Zwischendurch arbeitet das Team auch für Werbeprojekte. "Es ist immer eine Zusammenarbeit, keine Ehe", beton Heim. Wenn Simon für ein neues Projekt jemand anderes als mich für richtig hält, dann habe ich das zu respektieren."

Was aber ist nun die Kunst des Kameramanns als Bildgestalter? Jo Heim glaubt nicht, dass seine Arbeiten von einem spezifischen Touch geprägt sind: "Ich versuche eher sogar einen Stil zu vermeiden, um offen für das zu sein, was das Projekt bedingt. Eine historische Geschichte, ein moderner Thriller, eine Komödie, ein Werbespot, da muss ich doch nicht allem eine Schablone aufdrücken." Menschliche Wärme und eine persönliche Haltung nennt Heim wesentliche Komponenten, um einer Arbeit Authentizität und Integrität einzuhauchen. Vor allem geht es ihm bei einem Spielfilm nicht um das beste Bild, sondern das richtige. "Ich stelle das Bild stets in den Dienst der Geschichte, es soll nicht auf sich selbst verweisen, weil es geil aussieht. Ich gucke aber schon, dass es nach etwas ausschaut."

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So strahlte Jo Heim, als er im vergangenen Jahr mit dem bayerischen Filmpreis ausgezeichnet worden ist.

So strahlte Jo Heim, als er im vergangenen Jahr mit dem bayerischen Filmpreis ausgezeichnet worden ist.

Was stimmt, ein Film, der von Jo Heim fotografiert wurde, verfügt über jene Wirkung, die gemeinhin als Kinobild wahrgenommen wird. Da spielt es auch keine Rolle, ob das Bild statisch oder dynamisch angelegt ist. Der Kameramann beim Film hat Raum, Licht und Farben auch in der Bewegung zu berücksichtigen. Mal bewegt sich die Kamera, fährt, schwenkt, zoomt, mal steht sie still und der Schauspieler vor dem Objektiv bewegt sich. "Es sind die Kleinigkeiten, die den Unterschied machen", weiß Jo Heim. "Bei den Coen-Brüdern gibt es bei Dialogen oft nur kurze Kamerafahrten von gerade mal 20 Zentimetern. Man nimmt das kaum wahr, aber es ist da und setzt seinen Akzent." Vor dem Feinschliff aber gilt es, Grundregeln zu beachten, mit denen Jo Heim als Dozent auch das Auge des Nachwuchses schärft: "Der Zuschauer guckt auf drei Sachen - zuerst zum hellsten Punkt, dann wo es scharf ist und wo sich was bewegt. Ich muss also den Blick fokussieren."

Was auch den eigenen Blick betrifft, wenn es um die Wahl der technischen Mittel geht. Als "Willkommen bei den Hartmanns" in der extrem hohen Auflösung von 4096 Pixeln in der Breite gedreht werden sollte, lehnte Heim das ab. "Es ist nicht gut, wenn Bilder zu scharf sind. Es beschädigt Gesichter, weil es die Defizite und das Alter über die Maßen entblößt. Und dem muss man mit Filtern und weichstem Licht begegnen, was wiederum Mehraufwand ist, den man bezahlen muss."

Was kämpferisch klingt, ist der Ökonomie beim Dreh ebenso geschuldet wie der Verantwortung für das, was später als Großbild auf der Kinoleinwand zu sehen ist. Da ist Jo Heim ebenso gelassen wie selbstbewusst: "In der Regel, wenn ich für eine Szene etwas anbiete, wie das gut aussehen könnte und oder gut zum Film passt, dann nehmen sie das auch."

Verleihung am Samstag in Bocklemünd

Der Deutsche Kamerapreis, von WDR, Stadt Köln und der Deutschen Gesellschaft für Photografie gegründet, prämiert seit 1982 herausragende Leistungen der Bildgestaltung. In diesem Jahr werden Preise in sechs Kategorien vergeben. Mit dem Ehrenpreis wird die Gesamtleistungeines Kameramanns geehrt. Die diesjährige Verleihung findet am Samstag in den WDR-Studios in Bocklemünd statt.

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