Fotografie im Kölnischen StadtmuseumGroße Vielfalt in der jungen Kölner Fotoszene

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Snezhana von Büdingens Aufnahme „Sofie mit der Mutter“ 

  • Das Kölnische Stadtmuseum versucht mit seiner Ausstellung „Your are here“ eine Standortbestimmung der Kölner Fotografenszene.
  • Eine Fotoserie rund um eine Protagonistin ist genauso dabei wie radikal dekonstruierende Fotos mit Riesenpixeln.

Köln – Als Damian Zimmermann seine Auswahl junger Kölner Fotografen traf, stellte er erstaunt fest, dass sich die meisten der Auserwählten untereinander gar nicht kennen. Offenbar zerfällt die Fotografieszene in Köln in kleine bis kleinste Grüppchen, was entweder ein Zeichen für deren erstaunliche Vielfalt ist – oder ein Indiz dafür, dass Fotografen eher einsame Wölfe sind.

Für beide Vermutungen lassen sich in Zimmermanns Ausstellung „You are here“ im Kölnischen Stadtmuseum gute Argumente finden. Angekündigt als erster „Versuch einer Standortbestimmung“, versammelt die im Rahmen des Photoszene-Festivals gezeigte Schau nicht nur Arbeiten von 13 Kölner Fotografen im Alter zwischen Mitte 20 und 40 Jahren. Sondern auch Bilder und Serien, die kaum auf einen Nenner zu bringen sind.

Protagonistin Sofie fotografiert seit 2017

Auf den ersten Blick gibt es jedenfalls wenig, was Snezhana von Büdingens klassische Reportage über eine junge Frau mit Down-Syndrom und Max Dauvens Bastelarbeiten am Herzen der digitalen Fotografie gemeinsam haben könnten. Seit 2017 fotografiert von Büdingen ihre Protagonistin Sofie, die auf einem mit alten Möbeln vollgestellten Gutshof lebt und sich mitunter wie durch eine verwunschene Wirklichkeit zu bewegen scheint.

Gehen hier Außenwelt und (angenommene) Innenwelt eine etwas zu gewollt poetische Verbindung ein, findet Dauven im menschlichen Gesicht allenfalls eine ferne Ahnung realer Gegenwart. Zwar steht auch bei ihm der Mensch im Mittelpunkt, doch nur noch in der Schwundform quadratischer Pixel und extrem reduzierter Farbwerte.

Digital, aber gewollt unperfekt

Diese Kästchenbilder aus Schwarz, Weiß und Grau baut er in der Dunkelkammer mit Schablonen nach und stellt eine analoge Kopie des verfremdeten digitalen Originals her. Wenn sich jemand so viel Mühe dabei macht, die Illusion einer unperfekten Fotografie zu schaffen, ist das wohl nur mit der Sehnsucht nach einer Zeit zu erklären, in der fotografische Perfektion als das Gegenteil der Wahrheit galt.

Trotzdem will und kann heute offenbar kein Fotograf mehr in die klassische analoge Zeit und deren Präsentationsformen zurück. Selbst Juliane Herrmann füttert ihre schöne dokumentarische Serie über das Innenleben moderner Freimaurerlogen mit Videos und Bühneneffekten aus.

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Bei so viel uniformen Willen zur Abweichung sticht Vera Drebusch mit ihrer braven Reihenhängung schon wieder heraus. Für ihre Serie „Cipressi“ fotografierte sie verwitterte Porträtfotos auf Grabsteinen ab, um mit ihnen zu zeigen, dass auch diese Erinnerungen an das Leben weder Alter noch Tod entgehen.

Mit der Ausstellung, so Damian Zimmermann, wolle er zeigen, dass die Kölner Fotografiegeschichte nicht nur eine Vergangenheit zu bieten hat. So ist es: Es gibt derzeit keine bessere Gelegenheit, um in der lokalen Gegenwart zu schwelgen.

„You are here“, Kölnisches Stadtmuseum, Zeughausstr. 1-3, Di. 10-20 Uhr, Mi.-So. 10-17 Uhr, bis 14. Juli. Eröffnung: Freitag, 10. Mai, 18 Uhr.

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