Igor Levit in der Kölner PhilharmonieEinladung zu machtvollen Breitseiten verweigert

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Der Pianist Igor Levit

Köln – Hat Igor Levit „Jazz im Blut“? Der Titel des jüngsten Meisterkonzerts in der Kölner Philharmonie sollte das wohl nahelegen. Der Prüfstein war hier George Gershwins Concerto in F, das hinsichtlich seiner Jazzhaltigkeit allerdings weit hinter der berühmten Rhapsody in Blue zurücksteht. Während der Komponist dort vernehmlich mit dem scharf geschnittenen Bigband-Sound flirtete, stand hier eher das spätromantische Virtuosenkonzert à la Rachmaninow Modell: üppig, pathetisch, zuweilen ein bisschen weitschweifig.

Das schien auch Igor Levit so zu sehen – und steuerte nach Kräften gegen. Manfred Honeck und das Orchestre de Paris schickten ihm immer wieder Einladungen zu machtvollen Breitseiten, die Levit aber allesamt ausschlug. Schon der erste Einsatz war so bedachtsam und nachdenklich formuliert, als scheue sich der Pianist, den roten Teppich zu betreten, den das Orchester zuvor ausgerollt hatte. Auch im weiteren Verlauf blieb Levit seiner Künstlernatur treu, die aus geistiger Konzentration, verhaltener Skepsis und einem leisen Anflug von Ironie eine ganz eigene Ausdrucksdichte schuf.

Dass er dabei von den orchestralen Wogen gelegentlich überrollt wurde, irritierte ihn nicht im geringsten. In den Rahmensätzen gab es eine gewisse Tendenz zur Eile, was Punktierungen und Repetitionen manchmal ein bisschen undeutlich werden ließ. Auf der großen Strecke war das gleichwohl eine pianistisch unanfechtbare, geschliffene Interpretation, der Levit noch ein flockenweiches Arrangement von Gershwins „The Man I Love“ folgen ließ.

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Amerikanische Orchester haben den besonderen Sound dieser Musik zweifellos besser „drauf“, auch wenn die Pariser Bläser mit ihrem leichten Vibrato den Blues-Charakter des langsamen Satzes ganz gut trafen. Im Tutti dagegen war der Klang oft stumpf und grob - als kapituliere der französische Farbsinn vor Gershwins massiver Orchestrierung. In dieser Hinsicht inspirierte Bartóks „Konzert für Orchester“ die Truppe deutlich mehr. Manfred Honeck legte das Stück nicht auf äußere Bravour an: Die gleißenden Trompeten-Fanfaren im Finale versteckte er fast im Gewusel der Mittelstimmen, dagegen zelebrierte er die magyarisch-melancholische Liedmelodie im Intermezzo interrotto als wehmütigen Gruß an eine verlorene Heimat.

Honeck, der langjährige und sehr erfolgreiche Pittsburgher Musikdirektor, ist ja im Grunde immer ein österreichischer Kapellmeister alter Schule geblieben, ein uneitler Musizierer, mit allen Wassern des Wiener Walzers gewaschen. Der klang in Maurice Ravels „La Valse“ denn auch durch alles französische Parfum hindurch – mit seinen sanften Unwuchten, dem sinnlichen Schleifen der Seidenkleider über den Tanzboden. Eine derbere Variante solcher Ballfreuden lieferte der Maestro am Schluss mit ein paar Walzertakten aus dem „Rosenkavalier“ nach.

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