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Im Zentrum der russischen Seele

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Noch mehr russische Seele geht nicht. Mit Rachmaninows Klavierkonzert Nr. 2 und Tschaikowskys Sinfonie Nr. 5 ging die Russische Nationalphilharmonie beim Kontrapunkt-Konzert in der Kölner Philharmonie emotional wie klanglich in die Vollen. Mit maximaler Breite und Sämigkeit strömte schon das Kopfsatzthema aus Rachmaninows Bestseller dahin.

Die machtvolle Kulisse, die Maestro Vladimir Spivakov da aufbaute, war indes eine Nummer zu groß für das Klavier-Schauspiel, das Nikolai Tokarew darin inszenieren mochte. Der aus Moskau stammende, unter anderem in Düsseldorf ausgebildete Pianist ist kein Mann der großen Geste. Sein Spiel ist eher durch Ausgewogenheit, technische Sauberkeit und rhythmische Stringenz gekennzeichnet. Vielleicht schüchterten ihn auch die orchestralen Breitseiten ein bisschen ein; jedenfalls wirkte seine Gestaltungsfreiheit in den Rahmensätzen deutlich limitiert.

Besser kam er mit dem langsamen Mittelsatz zurecht, in dem viel scheue, nachdenkliche Poesie zu hören war. So ganz bei sich schien Tokarew aber erst im zugegebenen Kalenderblatt aus Tschaikowskys Jahreszeiten-Zyklus – da mischte sich auch eine gute Portion skurrilen Spielwitzes in die duftige Salonatmosphäre.

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Mit Tschaikowskys „Fünfter“ gelang dem erst 2003 von Vladimir Spivakov gegründeten Orchester bei aller Sättigung in Farbe und Textur doch eine bemerkenswert elegante, bewegliche Interpretation, die vor allem der jugendlichen Leichtfüßigkeit des 74-jährigen Dirigenten zu danken war. Nichts tönte massiv oder schwer. Wenn Spivakov wirklich mal in die Breite ging, dann immer in eine elastische Dehnung, die wenig später wieder schwungvoll zurückschnellte. Das war kein neuer, kein unerhörter Tschaikowsky – aber doch eine rundum überzeugende Darstellung, die durchgängig fesselte.

Mit Zugaben von Schostakowitsch (Intermezzo aus „Katerina Ismailowa“), Sibelius („Valse triste“) und Chatschaturian (Walzer aus „Maskerade“) brachte das Orchester den ausverkauften Saal dann vollends zum Kochen.

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