JazzKölner Trompeter spielt sein Album live vor Publikum ein

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Der Trompeter Frederik Köster  

Köln – Zehn Jahre ist es nun schon her, dass der Trompeter Frederik Köster sein Quartett mit dem sperrigen Namen Die Verwandlung gründete. Seitdem hat sich die Working Band tatsächlich immer wieder verwandelt und Kösters musikalische und kompositorische Fantasien virtuos mit- und nachvollzogen. Jetzt kehren Frederik Köster, Sebastian Sternal (Klavier), Joscha Oetz (Kontrabass) und Jonas Burgwinkel (Schlagzeug) an den Ort zurück, an dem sie einst ihr Debütalbum aufnahmen: An zwei Abenden spielen sie im Loft ihr neuestes Programm, das mitgeschnitten wird.

Die Live-CD soll Anfang 2023 erscheinen und wird das fünfte Album der Verwandlung. Fast so gespannt wie auf die Musik kann man auf die Gestaltung des kommenden Covers sein: Denn schon für frühere CD-Titelbilder betätigte sich Köster als Plakatabreißer im Stil der französischen Affichisten, der von den dicken Papier- und Pappschichten einer Plakatwand Teile herunterreißt und das Plakat quasi dekonstruiert.

Genau so funktioniert Kösters begeisternde Musik, die von überraschenden Perspektivwechseln ebenso wie von kraftvollen Improvisationen und lyrisch strahlenden Kammerjazz-Passagen geprägt ist. Wie bei einer Décollage lässt Köster die alten „Klangfetzen“ nie ganz verschwinden, setzt sie vielmehr mit Neuem intensiv ins Verhältnis: Poesie der ständigen Verwandlung.

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Keine Musik, die man nebenbei hört

So lässt sich die Musik Kösters, geboren 1977 im sauerländischen Olsberg und seit langem einer der beständigsten und wichtigsten Kreativmusiker der Kölner Jazzszene, als ein langer, impulsiver Fluss erleben. „Bei jedem Album wünsche ich mir“, sagt Köster, „dass es eine bestimmte Tiefe hat und nie belanglos klingt. Nicht pathetisch, aber keine Musik, die man nebenbei hört. Ich suche ein Publikum, das dranbleibt, weil ich selbst so bin: Wenn ich einen Film sehe, dann schaue ich ihn richtig, und wenn ich ein Buch lese, dann stecke ich richtig drin.“

Vor allem „Golden Age“, Kösters derzeit aktuelles Album, funktioniert ganz wunderbar als filmische Klangreise, auf der der Trompeter sicher und elegant zwischen Genres wechselt, melodisch reizvoll ethnische Klangfärbungen hintupft und Anflüge von hymnischer Spiritualität einwebt. Über allem schwebt sein mal kraftvoll, mal fragil erzählender Trompetenklang. „Wenn man technisch gut spielen kann, hat man auch das Volumen, und dann ist selbst ein Orchester immer leiser als man selbst.“

Jugend im Hochsauerland

Womit Köster auf seine phänomenale „Homeward Bound Suite“ anspielt, die die „Verwandlung“ mit dem Philharmonischen Orchester Hagen einspielte. Hier ziert das Cover eine nebelverhangene Naturlandschaft, ähnlich stimmungsvoll wie das Motiv auf dem Duo-Album „Canada“ mit Sebastian Sternal „erhabene Weite“ evoziert.

Köster: „Oft wird erwartet, dass man ein erzählerisches Konzept vorlegt, vielleicht erwarte ich das auch ständig von mir selbst. Was ist der größere Blick auf ein Album? Bei der Orchester-CD gibt es viele Bezüge zur Filmmusik, etwa zu John Williams, irgendwann zitiere ich aber auch Strawinskys ‚Feuervogel‘. Ich erzähle von meiner Jugend im Hochsauerland, skizziere meine Familie, Freunde, Jugenderinnerungen, das ist mein ganz persönlicher Film.“

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Bereits vor Die Verwandlung hatte Köster ein attraktives Quartett: „Ich war schon immer ein Freund langlebiger Beziehungen, die zehn Jahre mit Robert Landfermann, Tobias Hoffmann und Ralf Gessler waren ebenfalls eine intensive Zeit. Bis ich das Gefühl hatte, ich müsse etwas verändern. Damals schrieb ich bis zu sechs Seiten lange Arrangements und legte genau fest, was jeder zu spielen habe. Meinen jetzigen Mitmusikern wollte ich aber nicht mehr alles vorschreiben: Die Musik ist jetzt so offen, dass sie sich jeden Abend ändern, sich halt verwandeln kann.“

Für die beiden Loft-Konzerte verzichtet Köster auf elektronische Zutaten und kehrt zum rein akustischen Klang zurück. „Thematisch geht es viel um Natur, um Land und Wald, wo man in Corona-Zeiten eben noch intensiv hinkonnte. Natur und Neubeginn, das ist der Rahmen. Auch habe ich zwei weitere Gedichte vertont, von Emily Dickinson und Robert Frost. Freilich kann sich durch die Live-Situation noch ganz viel bewegen.“ 

Frederik Köster, Die Verwandlung. Live Recording im Loft, 29.3. & 30.3., jeweils 20.30 Uhr

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