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KommentarDie letzten Zeugen

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In Yad Vashem, der Jerusalemer Gedenkstätte für die Opfer des Nationalsozialismus, gibt es einen Raum, der voller Stimmen ist. Zeitzeugen berichten dort davon, wie sie das Grauen erlebten, wie sie aus ihrem gewohnten Leben herausfielen und plötzlich Objekt von Hass, Gewalt und Vernichtungswillen wurden. Sie tun dies nicht leibhaftig, die Stimmen kommen von Band.

Es sind Worte von Menschen, die nicht mehr leben. Die Zeitzeugen sterben aus, das wird einem auch jetzt wieder schmerzlich bewusst, denn mit der Zeichnerin und Physiotherapeutin Schoschana Rabinovici ist wieder eine gestorben, die den Nachgeborenen aus eigener leidvoller Erfahrung von den Konzentrationslagern berichten konnte. Sie wurde 86 Jahre alt.

Dass sie neben ihren Brotberufen auch noch als Autorin wirkte und das Buch „Dank meiner Mutter“ schrieb, geht auf einen Schwur zurück: Wer überlebt, muss davon erzählen. Das gelobten sich Frauen in den Lagern von Kaiserwald und Stutthof, in denen Rabinovici als Mädchen gemeinsam mit ihrer Mutter interniert war. 40 Jahre hat sie gebraucht, bis sie dieses Buch schreiben konnte; ihr Sohn, der Schriftsteller und Historiker Doron Rabinovici und der Regisseur Matthias Hartmann ließen sie darüber hinaus 2013 im Wiener Burgtheater auftreten. „Die letzten Zeugen“, war der Abend überschrieben.

Mit ihren Erinnerungen, die sie festgehalten hat, ist Schoschana Rabinovici eine dieser Stimmen, die das eigene Leben überdauern. Gut, dass es den Raum in Yad Vashem gibt. Wir bräuchten mehr davon.

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