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Kommentar zu Tom Buhrows GrundsatzredeEs geht nicht um die ARD, es geht nur um ihn

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Lesezeit 3 Minuten
Tom Buhrow

WDR-Intendant Tom Buhrow

Köln – Tom Buhrow hat das ganz große Fass aufgemacht. Und endlich all die Fragen gestellt, die in der Debatte über die Zukunft des öffentlich-rechtlichen Rundfunks schon seit Jahren auf der Hand liegen. Ein Grund also, dem WDR-Intendanten zu seinem Vorstoß zu gratulieren? Mitnichten.

Dafür hinterlässt dieser Auftritt viel zu viele Fragezeichen. Die ergeben sich zum einen ganz grundlegend daraus, dass Buhrow zwar viele Fragen aufwirft, aber die Antworten schuldig bleibt. Was konkret laut dem Chef der größten ARD-Anstalt geschehen müsste, bleibt sein Geheimnis.

Er macht keine konkreten Vorschläge

In seinem Rundumschlag spricht der ARD-Vorsitzende zwar viele diskussionswürdige Themen an – Braucht es wirklich so viele ARD-Radiowellen? Sollten Sender innerhalb der ARD fusionieren? Oder gleich ARD und ZDF? –, aber konkrete Vorschläge macht er nicht. Das ist natürlich geschickt, denn widersprechen kann man ihm kaum. Aber später festnageln auf irgendetwas eben auch nicht.

Die Irritationen enden aber nicht an dieser Stelle. Buhrow gibt in seinem in der „FAZ“ abgedruckten Vortrag an, er äußere sich nicht als ARD-Vorsitzender, sondern als Privatmann. Das ist gelinde formuliert albern.

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Niemand nimmt Buhrow in diesem Zusammenhang als Privatperson wahr. Zumal er am Donnerstag eine Mail, in der er über seinen Vortrag schreibt, an alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des WDR verschickte – mit seiner offiziellen Signatur als Intendant. Auch auf der verschobenen Betriebsversammlung sollen seine Vorschläge Thema werden.

Wenn er aber doch diese Debatte nur als Privatperson losgetreten hat, warum will er sie dann in einer offiziellen WDR-Versammlung diskutieren? Das passt nicht zusammen.

Hinzu kommt, dass jeder andere WDR-Mitarbeiter, der so agieren würde, ein ernstes Problem hätte, weil Äußerungen als Privatperson, die von offiziellen WDR-Accounts verschickt werden, nicht zulässig sind.

Am meisten irritiert der Zeitpunkt

Neben all diesen Aspekten irritiert aber vor allem der Zeitpunkt. Buhrow war zwei Jahre lang ARD-Vorsitzender, jetzt ist er es übergangsweise, weil Patricia Schlesinger zurücktrat und Kai Gniffke erst Anfang 2023 den Posten übernimmt. Warum kommt er ausgerechnet jetzt mit dieser Grundsatzdebatte um die Ecke? Ja, der rbb-Skandal hat die Debatte verschärft, aber es gab schon sehr viel länger Anlass, all diese Fragen zu stellen - und Antworten zu liefern.

Der Verdacht liegt nahe, dass Buhrow dem Motto „Angriff ist die beste Verteidigung“ folgt. Der Fall Jürgen Döschner, der den Sender verklagt, weil er über Jahre kaum Aufträge bekam, obwohl er arbeiten wollte, hat im Haus und darüber hinaus für Aufmerksamkeit gesorgt.

Es ging ihm allein um Tom Buhrow

Auch die Rolle des Intendanten in diesem Vorgang muss aufgearbeitet werden. Und soll nach Wunsch vieler WDR-Mitarbeiter auch Thema der Betriebsversammlung sein.

Buhrow ist es aber nun gelungen, die Debatte geschickt von sich selbst wegzulenken. Ein Blick in die deutschlandweite Berichterstattung reicht aus, um das zu erkennen. Insofern ist Buhrow tatsächlich als Privatmann aufgetreten. Es ging ihm nicht um die ARD und erst recht nicht um den WDR. Es ging ihm allein um Tom Buhrow. 

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