Kommentar zur UnwetterbericherstattungWo ist der WDR, wenn man ihn braucht?

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WDR_Symbolbild

Viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des WDR arbeiten aufgrund der Corona-Pandemie im Homeoffice. Wie es nach der Corona-Zeit weitergeht, wird gerade analysiert.

Köln/NRW – In der Diskussion über die Existenzberechtigung der öffentlich-rechtlichen Sender wiederholt der WDR gebetsmühlenartig, dass kein anderes Medium so stark in den Regionen NRWs verwurzelt sei wie die größte ARD-Anstalt. Und in der Tat sind die elf Regionalstudios im Land ein Pfund, mit dem der Sender wuchern könnte. 

Doch was nützen sie, wenn der träge Riese es nicht schafft, in Krisenzeiten schnell zu reagieren? Das war leider einmal mehr in der Nacht auf Donnerstag zu bestaunen, als die Unwetter in vielen Teilen Nordrhein-Westfalens für dramatische Szenen sorgten, Menschen um ihre Häuser und leider auch um ihr Leben kämpfen mussten

Und wo war der WDR, wenn man ihn braucht? Nicht da. Nach einer 15-minütigen Extra-Sendung zur Lage um 20.15 Uhr gab es im Fernsehen das übliche Programm. Während Teile des Landes absoffen, konnte man im WDR Fernsehen „Das Beste im Westen – Daniel Aßmanns Sommer-Highlights“, „Der Haushalts-Check“ und später eine Dokumentation über die Olympischen Spiele in Berlin 1936 sehen. 

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Ja, online wurde ein Ticker aktualisiert, auch in den Radio-Nachrichten wurde berichtet, aber reicht das? Während etwa Radio Köln und Radio Wuppertal stundenlang live berichteten, hielt der WDR auch im Radio am Programmschema fest. Bei WDR 2 etwa lief wie üblich um Mitternacht die Übernahme der ARD-Popnacht. „Wir sind der Westen“, wie es im Claim des WDR heißt? Anscheinend nicht.

Jörg Kachelmann übt scharfe Kritik

Es ist wie 2014, als an Pfingsten ebenfalls Unwetter das Land verwüsteten und Menschenleben forderten. Der WDR reagierte vor sieben Jahren viel zu spät und er tat es vergangene Nacht wieder. Damals hatte etwa Jörg Kachelmann den WDR scharf kritisiert, der Sender gelobte daraufhin Besserung. Der meldete sich auch am Donnerstag per Twitter zu Wort.

Er warf Intendant Tom Buhrow vor, in "zynischer Bräsigkeit" alles zu ignorieren und forderte erneut dessen Rücktritt. In einem weiteren Tweet schrieb der Wetterexperte: "Es tut weh wenn genau die, die die Mittel hätten, um eine solche Wetterlage 24/7 zu begleiten nichts tun, um Leben retten."

Gelernt hat die Geschäftsleitung aus den Fehlern der Vergangenheit in der Tat offensichtlich nicht. Wenn es der WDR nicht schafft, die Mittel, die ihm immer noch üppig zur Verfügung stehen, auch zu nutzen, um die Menschen im Land ausführlich und gründlich zu informieren, dann wird er seinem Auftrag nicht gerecht. Und das Unwetter hatte sich ja angekündigt, man hätte sich also vorbereiten können. 

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Der WDR wies die Kritik am Donnerstag zurück. "Auch in der vergangenen Nacht hat der WDR über die Unwetter-Lage und die Situation der Menschen in NRW berichtet. Auf allen Radiowellen gab es halbstündlich monothematische Sonderausgaben der Radionachrichten, Reporter:innen haben über die besondere Situation vor Ort berichtet", teilte eine Sprecherin auf Anfrage dieser Zeitung mit. "Im Netz auf WDR.de und bei WDR Aktuell gab es zur Situation in Wuppertal, Euskirchen und im Rhein-Sieg-Kreis durchgehend aktualisierte Informationen. 1LIVE hat in seiner Nachtversorgung für die jungen Wellen der ARD alle 15 Minuten über die Lage informiert. Weitere ARD Nacht-Programme, wie die ARD Infonacht, wurden aus dem WDR Newsroom mit Informationen versorgt, so dass auch WDR 5 in den Nachtstunden alle 15 Minuten in Gesprächen mit den Korrespondent:innen informieren konnte."

Der Sender teile die Einschätzung, dass "der WDR noch umfangreicher aus Wuppertal hätte berichten müssen, allerdings war das dortige WDR-Studio selbst so stark vom Unwetter betroffen, dass es ab 3 Uhr in der Nacht nicht mehr selber senden konnte." 

Seit Donnerstagmorgen berichtet der WDR auch im Fernsehen in Sondersendungen. Es ist eine späte, eine zu späte Reaktion. In der vielleicht dramatischsten Nacht des Jahres hat der WDR die Menschen weitgehend alleingelassen. 

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