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Konzert in der Live Music HallEs klingt niemand so wie Hot Water Music

Lesezeit 3 Minuten
Leadsänger von Hot Water Music: Chuck Ragan

Leadsänger von Hot Water Music: Chuck Ragan

Köln – Es hätte wohl keine Stimme gegeben, die besser ins Vorprogramm von Hot Water Music gepasst hätte, als die des amerikanischen Singer/Songwriters und ehemaligen Sängers der Punkrock-Band Avail Tim Barry. Seine Folk-Songs begleitet er auf einer Westerngitarre. Sie handeln von persönlichen Themen, aber auch von politischen Problemen, wie der Sklaverei in seiner Heimatstadt Richmond im US-Bundesstaat Virginia.

Zwischen seinen Songs plaudert Barry aus seinem Leben und gibt dem Publikum Lebensweisheiten mit auf den Weg. So fühlt sich das Ganze eher nach einer Runde um ein Lagerfeuer im amerikanischen Süden an, als nach einer ausverkauften, schwitzigen Konzerthalle in Köln-Ehrenfeld. Schön.

Gitarrist Chris Wollard pausiert

Hot Water Music sind eine der wenigen Bands, die auch nach fast 25 Jahren noch in Originalbesetzung spielen. Noch zu College-Zeiten haben die vier Musiker 1994 in Gainesville, Florida, zusammengefunden. Derzeit muss Gitarrist Chris Wollard krankheitsbedingt jedoch eine Pause machen – er kämpft mit Ängsten und Stress.

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Chris Cresswell, Sänger der kanadischen Punkband The Flatliners, die den Abend in Köln noch vor Tim Barry eröffnet hatten, springt für ihn ein und meistert die Aufgabe souverän. Und dem Trademark-Sound der Post-Hardcore Pioniere kann das ohnehin nichts anhaben. Es klingt einfach niemand so wie Hot Water Music: Die markanten Bassläufe von Jason Black und diese Stimme wie Schmirgelpapier von Sänger und Gitarrist Chuck Ragan.

Wie auf einer Familienfeier

Dieses Rezept funktioniert auch auf ihrem im vergangenen Herbst erschienenem neuem Werk „Light It Up“ noch immer gut. Wer einen eigenen Sound erfindet, darf diesem auch nach 25 Jahren Bandgeschichte treubleiben. Natürlich hat es auch holprige Phasen gegeben: 1999 lösten sie sich nach einer zehnmonatigen Europatour auf, fanden noch im selben Jahr aber wieder zusammen, um ihr Meisterwerk „No Division“ zu schaffen. 2006 folgte eine längere Schaffenspause, die unter anderem Chuck Ragans Soloprojekt hervorbrachte.

Umso mehr freut es die Fans am Donnerstagabend, sich 90 Minuten lang noch einmal von der schieren Energie der Musik und der emotionalen Kraft von Ragans Stimme umwerfen zu lassen. Man wird den Abend über das Gefühl nicht los, auf einer sehr großen Familienfeier gelandet zu sein.

Bad in der Menge

Bei zwei der drei Zugaben werden Hot Water Music dann auch tatkräftig von Tim Barry und den Flatliners unterstützt. Mit dem Originalgesang von Tim Barry covern sie den Avail-Hit „Simple Song“. Beim letzten Stück des Abends, einem Cover von „True Believers“ der Bouncing Souls, übernimmt mal eben der Roadie der Band Ragans Gitarre, Cresswell teilt sich Mikrofon und Gitarre mit Flatliner-Kollege Scott Brigham. Ragan nimmt derweil ein Bad in der Menge und wirkt unwillig, die Bühne zu verlassen, ebenso wie die Fans ihn nur schweren Herzens gehen lassen. Es ist einer dieser seltenen Abende, an denen man traurig über das Ende einer Familienfeier ist.

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