Kulturdezernent hat ehrgeizige PläneDas hat Stefan Charles in Köln vor

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Stefan Charles

Stefan Charles ist seit gut 100 Tagen Kölns Kulturdezernent.

Köln – Die Einarbeitungsphase ist vorbei. Das war die Botschaft, die Kölns neuer Kulturdezernent Stefan Charles in einer Pressekonferenz zu seinen ersten 100 Tagen im Amt vermitteln wollte. „Kölns Kultur im Aufwind – mehr Ateliers, mehr Tanz, mehr Besucher“ hatte er seine Präsentation überschrieben. Der Schweizer stellte im Haus Sauer, dem Interimsstandort des Kölnischen Stadtmuseums, seine Pläne für dieses Jahr und seine strategischen Ziele bis 2024 vor.

Programm 2022

Für das laufende Jahr sei der Ausbau des Zentrums für alte Musik (Zamus) um 1100 Quadratmeter zu einem Produktions-/Aufführungsort ein wichtiger Schritt. Darüber wird der Rat an diesem Donnerstag abstimmen.

Das Studio für Elektronische Musik des WDR soll dort reaktiviert werden, „damit man diese Musik wieder produzieren und aufführen kann. Es gibt auf der Welt sonst keinen Ort, wo solche Musik aufgeführt werden kann. Damit machen wir uns europaweit und vielleicht sogar weltweit zu einem ziemlich einmaligen Musik-, Wissens- und Forschungsstandort“.

Der Jazz habe sich wahnsinnig gut entwickelt in Köln, die hiesige Szene habe deutschland- und europaweit eine unglaublich gute Reputation. Sein Ziel sei es, dass die Qualität der Szene deutlicher gesehen werde. Köln bewerbe sich um die Ausrichtung des Deutschen Jazz-Preises, er werde große Jazz-Konferenzen einladen. „Wir wollen Köln als Jazz-Standort sichtbar machen.“

Die Restitution der Benin-Bronzen des Rautenstrauch-Joest-Museums sei ein weiteres wichtiges Ziel für dieses Jahr. Der Vertrag über die Eigentumsübertragung an Nigeria solle dieses Jahr unterschrieben werden. Des Weiteren soll am 1. April im Haus Sauer das Kölnische Stadtmuseum mit einer ersten Ausstellung an den Start gehen.

Strategische Ziele bis 2024:

Ateliers

Bis 2023 sollen 100 zusätzliche Ateliers/Probenräume in der Stadt entstehen. Finanzielle Hilfen seien wichtig, aber es fehle an Räumen. Im Gespräch seien Gebäude in Niehl und in der Innenstadt. „Wenn wir hier ein gutes Atelierangebot haben, kann Köln in Deutschland ein noch wichtigerer Kulturstandort sein. Dafür müssen wir kämpfen.“ Es gehe auch darum, bestehende Ateliergemeinschaften zu stärken.

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Um diese Aufgabe zu erfüllen, wurde eine Stabsstelle gegründet, die ab sofort das Kulturraummanagement betreiben soll. „Wir müssen vermeiden, dass wir ein, zwei Jahre brauchen, um in die Gänge zu kommen.“ 

Tanz

Jeden dritten Tag soll man künftig in Köln eine Tanzveranstaltung besuchen können, das hat sich Stefan Charles zum Ziel gesetzt. 100 zusätzliche Aufführungen und Veranstaltungen soll es geben. „Wir müssen dem Tanz in Köln eine starke, nachhaltige Perspektive bieten.“

Es müsse eine langfristige Kooperation zwischen der freien Szene und den Bühnen geben. Jetzt müsse geklärt werden, wie das Depot 1 und 2 nach dem Umzug des Schauspiels an den Offenbachplatz genutzt wird und wie eine mögliche zusätzliche Sparte an den Bühnen aussehen könnte. „Wir wollen uns mit dem Tanz nicht nur landesweit, sondern international positionieren. Das ist wichtig. Und ich bin überzeugt, Köln hat das Potenzial.“

Museen

Die Museen seien zurzeit durch Umbau und Interimslösungen in einer schwierigen Phase. Er wolle Museen verstärkt zu dritten Orten machen, also zu Begegnungsstätten abseits von Arbeitsplatz und Zuhause. Menschen sollten sich dort treffen, austauschen, lernen und Kultur genießen. Man könne etwa im Museum Ludwig die Eingangshalle für solche Begegnungen nutzen, Teile der Museen sollten freien Zugang ermöglichen, um den Bereich zwischen draußen und drinnen fluide gestalten. Museen seien Bildungsinstitutionen, „aber sie sind auch in einer gewissen Gastgeberrolle. Sie sind in der Pflicht, Menschen zu empfangen“. Er wolle die Besucherzufriedenheit und die Besucherzahlen steigern – um rund 100 000 Besucher im Jahr, das wären rund zehn Prozent Steigerung.

Die historischen Museen in der Mitte der Stadt solle künftig gesamtheitlich betrachtet werden. Er wolle Synergien nutzen, jedes Haus für sich habe Potenzial, aber gemeinsam sei es um ein Vielfaches höher. Es müsse etwa nicht jedes Haus seinen eigenen kleinen museumspädagogischen Bereich haben, „es wäre denkbar in einem der Museen ein großes Learning-Zentrum zu bauen“. Es gehe auch hier um Besucherfokussierung. Der Gast solle perspektivisch im Herzen von Köln auf der Via Culturalis diese Häuser kennenlernen. Ab 2023 solle das sukzessive umgesetzt werden, man müsse nicht warten, bis alle Häuser fertig seien. „Es wird eine ziemliche Sensation, das in Zusammenhang mit der archäologischen Zone erlebbar zu machen. Wir schaffen eine historische Mitte im weitesten Sinne. Wir wollen uns als einzigartige Kulturmetropole in Europa positionieren.“

Zentraldepot

Vor dem Hintergrund der zahlreichen Umzüge der Museen soll ein Interimszentraldepot entstehen, es gehe um eine langfristige Perspektive mit 50 000 Quadratmetern Fläche. Sie müsse nicht in der Innenstadt sein, sondern könne auch am Stadtrand angesiedelt sein. Es solle nicht nur eine bessere Lagerhalle sein. „Wir wollen es so attraktiv machen, dass man es auch als Schaudepot öffentlich machen kann, dass man hingehen und forschen kann, dass man mit Schulen hingehen kann.“

Es brauche in den Häusern eine kontinuierliche Sammlungsstrategie. Das Zentraldepot sei ein Pionierprojekt im Bereich der Sicherung und Pflege des kulturellen Erbes. So könne man auch die Museen entlasten, um Vermittlungsbereiche zu schaffen. Das sei ein großes Projekt, aber das Konzept soll 2023 stehen.

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