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Kulturszenen im CheckWas Düsseldorf besser macht als Köln

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  • Auch die Landeshauptstadt hat ihre Baustellen – noch fehlt etwa ein Standort für das neue Opernhaus.
  • Doch von Weltklasse-Tanz bis zur Traumauslastung des Theaters läuft in Düsseldorf vieles richtig gut.
  • Im Vergleich der Kunstszenen kann Köln oft nur neidisch hinüberblicken.

Medienhafen: Dem Namen des Kölner Mediaparks machen nach dem Wegzug diverser Unternehmen – darunter der Radiosender Eins live – nicht mehr viele Institutionen Ehre, der Cinedom ist übrig geblieben, und die SK Stiftung Kultur. Ansonsten ist der Mediapark mit Zahn- und anderen Kliniken eher zum Medizinpark mutiert, entsprechend ausgedünnt wirkt vor allem abends das urbane Leben in der Nähe zum ehemaligen Güterbahnhof. Auch das benachbarte Filmhaus ist derzeit nicht mehr als eine Dauerbaustelle.

Ganz anders der Düsseldorfer Medienhafen. Das einstige Industrieareal lag lange Zeit außerhalb des Blickfelds der Düsseldorfer, doch seit sich von 1990 an eine rege Bautätigkeit entfaltete, pumpte sich das Gelände stetig voll mit Vitalität, als Heimat vieler neuer Büros, in denen tagsüber gearbeitet wird, aber auch als Anlaufstelle für Amüsierwillige, die hier Gastronomie und Clubs finden. Ende der 90er Jahre bekam der Hafen mit Frank Gehrys Neuem Zollhof sein Wahrzeichen. Die Film- und Medienstiftung NRW, eine der größten Förderinstitutionen Europas, ist hier untergebracht, ebenso die Landesanstalt für Medien sowie diverse andere Unternehmen, die irgendwas mit Medien machen. Auch ein Multiplex-Kino gibt es am alten Hafen, und ins Landesstudio des WDR ist gerade das ZDF als prospektiver Untermieter eingezogen. 

Museen: Als ehemalige Residenzstadt besitzt Düsseldorf einen üppigen Kunstschatz, und auch ihre aktuelle Anziehungskraft für Künstler und Kunstfreunde erklärt sich nicht zuletzt aus ihrer Stellung als Landeshauptstadt. Die beiden wichtigsten Institutionen, die Kunstsammlung NRW und die Kunstakademie, sind Landesbetriebe und stehen im Wesentlichen für Moderne und Nachkriegskunst. Insbesondere die Akademie hat dank ehemaliger Lehrer wie Joseph Beuys und Absolventen wie Gerhard Richter und Andreas Gursky einen weltweit exzellenten Ruf. Mit ihren eigenen Häusern ist die Stadt nicht ganz so glücklich. So wurde der Kunstpalast lange in (umstrittener) Partnerschaft mit dem Energiekonzern Eon geführt, doch als sich Eon aus der Kooperation zurückzog, war das Wehklagen groß. Zuletzt versuchte der neue Intendant, Felix Krämer, das Haus mit Ausstellungen zu Mode und Sportwagen für ein größeres Publikum zu öffnen, was auch nicht jedem gefiel.

Alles zum Thema Gerhard Richter

Zum Problemkind wurde das benachbarte NRW-Forum. Es widmet sich „niederen“ Künsten wie Fotografie und Design, doch beklagte der aktuelle Leiter Alain Bieber die fehlende Unterstützung der Stadt; erst nach langem Bitten verlängerte er seinen Vertrag. Voller Neid blicken Kölner auf die Düsseldorfer Kunsthalle. Das hiesige Pendant wurde vor Jahren abgerissen, ein derartiger Kahlschlag ist aus der Nachbarstadt nicht bekannt. Seit kurzem verfügt Düsseldorf zudem wieder über eine (von Köln aus geführte) Kunstmesse, die zunächst als Art-Cologne-Killer gehandelt wurde, mittlerweile aber als gute Ergänzung zur Kölner Leitmesse gilt. 

Schauspielhaus: Vergangene Woche feierte das Düsseldorfer Schauspielhaus – genauer gesagt der kühn geschwungene Bau des Architekten Bernhard Pfau – sein 50-Jähriges. Zum ersten Mal seit Jahren konnten Besucher das Staatstheater wieder durch den Vordereingang betreten. Erst war rund ums Haus der Kö-Bogen gebaut worden, dann musste saniert werden.

Diese Sanierung ist zwar nicht völlig abgeschlossen – die Fassade bleibt bis auf Weiteres kahl – doch zu feiern gibt es vieles. Durch die neue Umgebung des Kö-Bogens konnte das zuvor etwas abseits gelegene Schauspielhaus ins neue Zentrum der Stadt rücken. Vor allem jedoch ist es Wilfried Schulz als erstem Intendanten seit Jahrzehnten gelungen, das Theater wieder im Bewusstsein der Düsseldorfer Bürger zu verankern. Mit einer Mischung aus (vorsichtigen) Experimenten, großen Namen und vertrauensbildenden Maßnahmen wie einer Bürgerbühne und mobilen Inszenierungen („Nathan to go“) konnte der vormalige Chef des Dresdener Staatsschauspiels die Auslastungszahlen in Höhen treiben, die seit mehr als 20 Jahren nicht mehr erreicht wurden.  Kritiker vermissen dabei zwar die großen künstlerischen Impulse, aber man kann es bekanntlich nicht jedem recht machen.  

Oper: Sanierung oder Neubau? In Köln wurde diese Frage mit Blick auf das Opernhaus eindeutig beantwortet: Der Riphahn-Bau am Offenbachplatz wird bekanntlich saniert – und entpuppt sich als negative Wundertüte. Diesen Fehler scheint man, durch den Schaden rheinaufwärts klug geworden, nicht machen zu wollen. Die Ausgangssituation ist derjenigen in Köln nicht unähnlich: Das Gebäude der Rheinoper an der Heinrich-Heine-Allee, das in den 50er Jahren seine derzeitige Gestalt erhielt, wurde zwar 2006/7 für 31 Millionen Euro saniert, doch 13 Jahre später sind das Dach marode, Elektrik und Software störanfällig, muss das Foyer mit Stützbalken stabilisiert werden.

Sanierung oder Neubau – darüber streitet die Stadtgesellschaft intensiv. Ein Neubau wird auf rund 500 Millionen Euro geschätzt, zu einer Sanierung gibt es kaum valide Zahlen. Nach erfolgloser Standortsuche im Medienhafen und im Rheinpark, gibt es jetzt eine weitere Idee: eine neue Oper an der Stelle des Kaufhofs am Werhahn. Der Stadtrat könnte im Frühjahr entscheiden, wird das aber wohl nicht tun. So kurz vor der Kommunalwahl am 13. September verbrennt sich niemand gern die Finger an einer derart kapitalen Causa.

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Ballett: Wer den Tanz liebt, kann gar nicht anders: Düsseldorf? Neid! Die Stadt hat, was Köln trotz jahrzehntelanger Debatten nicht hinbekommt: das Tanzhaus NRW – einen Ort eigens für die Sparte, eine Bühne für überregionale und lokale Künstler sowie Austragungsstätte für wichtige Festivals und Symposien. Und: Sie ist Ballett-Metropole ersten Ranges mit über 40 fantastischen Tänzern und Tänzerinnen, die mit Martin Schläpfer als Ensemble-Chef und Choreograph in den vergangenen Jahren sogar die Traditionstruppen von Stuttgart, Hamburg, Berlin und München an die Wand tanzten. Viermal bekam das „Ballett am Rhein“ den Titel „Kompanie das Jahres“ von internationalen Kritikern verliehen. In Düsseldorf sieht die alte Danse d’école zeitgenössisch cool und intellektuell aus – Ballett des 21. Jahrhunderts eben.

Leider verlässt der Schweizer die Stadt zur nächsten Spielzeit. Auf Schläpfer folgt der deutsch-argentinische Choreograph Demis Volpi. Ein Stuttgarter Zögling, 34 Jahre jung, aber mit opulentem, rund 40 Stücke umfassenden Werkverzeichnis. Und selbst wenn mit Volpi kein zweites Wunder wie mit Schläpfer geschieht – die Landeshauptstadt wird mit ihrer Ausstattung und renommierten Gast-Choreographen sicher auch die nächste Zeit noch „State of the Art“ im Tanz sein. Und der Kölner? Bleibt neidischer Düsseldorf-Pilger.

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