Kunst & MuseenDiese Highlights des Kunstjahres gibt es Anfang 2022 noch zu sehen

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Rembrandts Selbstbildnis wird im Kölner Wallraf-Richartz-Museum durchleuchtet

Rembrandts Selbstbildnis wird im Kölner Wallraf-Richartz-Museum durchleuchtet

Köln – Das wichtigste Ereignis des ablaufenden Kölner Kunstjahrs ähnelte vorgezogenen Weihnachten. An einem kühlen Septemberabend brachten zwei schwer bepackte Herren eine Kiste aus dem heiligen Rom und trugen sie zum Nebeneingang des erzbischöflichen Kunstmuseums herein. Im Inneren wurde das Geschenk, das eine Leihgabe der Vatikanischen Bibliothek war, feierlich ausgepackt und in ebenso trauter wie prominenter Runde präsentiert: die Abschrift eines Dekrets, das der römische Kaiser Konstantin im Jahr 321 nach Köln sandte und das heute als amtliche Beglaubigung dafür gilt, dass jüdische Bürger seit dieser Zeit in Deutschland leben.

Auf das kleine Stück Papier gründete sich das gesamtdeutsche Festjahr „1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland“, das in Köln im Kunsthaus der katholischen Kirche, dem Museum Kolumba, begangen wurde. Das derzeit noch obdachlose Jüdische Museum fand auf diesem Umweg eine Bleibe und kann die sehr schöne, in Kooperation mit Kolumba entstandene Ausstellung „In die Weite“ sogar über das pandemische Jubiläumsjahr hinaus präsentieren.

Selbstredend wurde auch das Kölner Kunstjahr weniger von einzelnen Ausstellungen als von Corona geprägt – auch wenn die Häuser nach dem Winter-Lockdown weitgehend in den Normalbetrieb umschalten konnten. Aber was hieß im Jahr 2021 schon „normal“: In vorpandemischen Zeiten wären herausragende Ausstellungen wie zum politischen Picasso im Museum Ludwig, zu den mittelalterlichen Frauenhandschriften im Museum Schnütgen oder zu den Maltechniken der alten und jüngeren Meister im Wallraf sicher deutlich besser besucht gewesen. Immerhin kann man sie auch im neuen Jahr noch sehen – wer also noch Gründe für eine Erst-, Zwei- oder Auffrischungsimpfung sucht…

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Für den Kölner Kunsthandel war die Pandemie hingegen nicht der befürchtete Schlag ins Kontor. Die Auktionshäuser Lempertz, Van Ham und – als prominenter Neuzugang – Sotheby’s profitierten vielmehr davon, dass die im Lockdown festsitzenden Sammler einerseits ihre Scheu vor digitalen Auktionen verloren und andererseits Lust bekamen, ihre vier Wände neu zu dekorieren. So wurde offenbar in schicke „Wandaktien“ fürs eigene Heim investiert, während die Luxusreise storniert werden musste. Ob sich die Aufregung um mit NFTs versehene digitale Kunstwerke auch auf Köln überträgt, bleibt abwarten. Van Ham hat schon erste Schritte in diese Richtung unternommen.

Auch das Comeback der Art Cologne war ein Erfolg

Auch die mehrfach ausgefallene und pandemiebedingt deutlich geschrumpfte Kunstmesse Art Cologne durfte ihr Comeback im November als Erfolg verbuchen. Zwar blieben die internationalen Sammler fern, aber das rheinische Publikum ließ sich nicht lumpen und holte Versäumtes nach. Viele Kölner Galerien durften sich zudem über staatliche Fördermittel aus dem „Neustart Kultur“-Programm freuen. Eine Art Wiedergutmachung, nachdem sich der Kunsthandel vom deutschen Staat in den letzten Jahren vor allem benachteiligt, wenn nicht gar gegängelt fühlte.

Das andere große Kunstjubiläum, das Joseph-Beuys-Jahr, ging schon mangels Masse und Klasse in den städtischen Sammlungen weitgehend an Köln vorbei. Dafür wurde der 1986 verstorbene „Hundertjährige“ im restlichen Nordrhein-Westfalen beinahe flächendeckend gewürdigt und mitunter etwas bemüht zum Propheten unserer Gegenwartskunst erklärt. So zeigt sich im Kunstmuseum Bonn noch bis zum 9. Januar, dass man sich als junger Künstler an Beuys ganz wunderbar abarbeiten kann. Aber ein „Passierschein in die Zukunft“, so der Ausstellungstitel, wird deswegen für den Jubilar noch lange nicht daraus. Wobei Beuys, dem modernen Klassiker, die museale Zukunft ohnehin sicher ist.

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Die beiden großen internationalen Kunstdebatten von 2021 fanden auch in Köln ihren Nachhall. Im Museum Ludwig arbeitet man schon seit Jahren daran, die weltberühmte Sammlung diverser zu machen, also insbesondere mehr Arbeiten von Frauen, Afro-Amerikanern und nicht-westlichen Künstlern anzukaufen, um sie den vorwiegend männlichen und weißen Klassikern an die Seite zu stellen. Bei der Gegenwartskunst kann es sich das Haus sogar erlauben, dafür in die eigene Tasche zu greifen – bei Werken der Nachkriegskunst ist es hingegen auf millionenschwere Schenkungen angewiesen.

Das Rautenstrauch-Joest-Museum listet hingegen Werke aus den eigenen Beständen aus und beteiligt sich an der gesamtdeutschen Rückgabe geraubter Benin-Bronzen an Nigeria. Das Thema Kolonialismus war 2021 ohnehin ein großes im Kölner Museum für Ethnologie, das derzeit die eigene ständige Sammlung zur Bühne einer überfälligen Selbstkritik macht. Für Aufsehen sorgte auch die große Ausstellung „Resist!“, in der die Geschichte des Kolonialismus aus der Perspektive der Kolonialisierten erzählt wird – und zwar als Geschichte eines letztlich erfolgreichen Widerstands. Die Ausstellung schließt am 9. Januar, die Diskussionen, die sie anregte, werden weitergehen.

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