KunstmesseTreppenlift wird zur Achterbahn

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Besucher vor der Lichtinstallation "It's not Che, it's Angela Merkel" des Duos Los Carpinteros.

Besucher vor der Lichtinstallation "It's not Che, it's Angela Merkel" des Duos Los Carpinteros.

Auf dem Weg mögen manchem Besucher Zweifel gekommen sein, ob das mit der neuen Kunstmesse im Rheinland wirklich eine gute Idee gewesen ist. Das Areal Böhler, Heimat der Art Düsseldorf, ist ein alter Industriekomplex am Stadtrand und nur auf windigen Straßen zu erreichen. Die letzten Meter sind ein besonderes Erlebnis: Schwere LKWs zwängen sich an den Besuchern vorbei - Zulieferverkehr für die übrigen Nutzer des Areals.

Im Inneren der Art Düsseldorf sind die Zweifel dann aber rasch verflogen. Der Besucher wird von der Galerie David Zwirner, einem internationalen Schwergewicht empfangen, die zur Premiere viele große Namen mitbrachte. An den Wänden hängen Fotografien von Thomas Ruff, Wolfgang Tillmans und William Eggleston neben Tafelbildern von Isa Genzken und Donald Judd, und selbst die im Rheinland nicht ganz so geläufige Yayoj Kusama ist mit ihren "unendlichen" Netzen aus kleinen gemalten Punkten in ihrer japanischen Heimat ein großer Star. Gleich gegenüber zeigt Hans Mayer neue "schwarze" Werke von Jürgen Klauke - ein Auftakt, der auch den Kölner Galeristen Thomas Zander davon überzeugte, dass man auf dieser Messe "richtig klotzen muss". Zander kommt frisch von der Paris Photo nach Düsseldorf und zeigt unter anderem vier sagenhafte Werke von Peter Alexander - nicht dem Sänger, sondern dem Klassiker der hartkantigen US-Malerei.

Für Zander ist seine Teilnahme an der möglichen Art-Cologne-Konkurrenz "kein Statement gegen Köln, sondern die Möglichkeit, eine gute Messe zu machen". Allerdings versteht er die Art Düsseldorf auch als eine Art Denkzettel für den Messeplatzhirsch und dessen Leiter Daniel Hug: "Die Art Cologne wird Probleme bekommen" sagt er voraus, zumal, wenn die belgischen Sammler, die er in Köln zuletzt vermisste, wie erhofft nach Düsseldorf strömen. Das einzige, was für Zander gegen die neue Messe spricht, ist deren Lage: "Um international erfolgreich zu sein, liegt sie zu weit draußen." Dieses Problem hat die Art Cologne beileibe nicht.

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Aber sonst hat die Art Cologne durchaus Probleme - nämlich mit einigen der wichtigeren Händler im Rheinland. Michael Beck von Beck & Eggeling nennt die Art Düsseldorf "ein Muss, das wir gerne machen" und hofft, dass die neue Konkurrenz der Art Cologne "gut tun" wird. Gerade die dortige Auswahlkommission trage die Nase für seinen Geschmack "ein bisschen hoch". An Becks Stand sticht eine Gruppe von 30 Hohlfiguren aus Sackleinen und Harz der dieses Jahr verstorbenen polnischen Künstlerin Magdalena Abakanowicz heraus: Es sind Erinnerungen an Menschen, die selbst ein wenig an Baumrinden erinnern und für 1,2 Millionen Euro zu haben sind. Für solche Werke finden sich Käufer eher in Miami, so Beck, dem es vor allem um eine eindrucksvolle Präsentation gegangen sei.

Das ist ohnehin der bleibende Eindruck des Messeauftakts: Alle Beteiligten wollen die Art Düsseldorf zu einem Erfolg machen. Die großzügigen Stände werden luftig bespielt, kein Händler knallt seine Wände einfach bis unter die Decke zu. Allerdings trauen sich die Wenigsten an thematisch kuratierte Verkaufsausstellungen und präsentieren den üblichen Querschnitt durch die Galeriebestände. Mehr Mut zeigt etwa die Berliner Galerie Dittrich und Schlechtriem mit einer Gruppenschau von Absolventen des von Olafur Eliasson ins Leben gerufenen Instituts für Raumexperimente: Hier sind ein zur Achterbahn umgebauter Treppenlift und das 3,50 Meter hohe Skelett eines Masthuhns die Hingucker.

Am Nachmittag des Eröffnungstages war die Art Düsseldorf Messe schon sehr gut gefüllt. Das Publikum schien den Neuling umarmen zu wollen - jetzt müssen nur noch die Verkäufe stimmen. Eine Kampfansage an die Art Cologne ist die deutlich kleiner dimensionierte Messe wohl trotzdem nicht. Sondern eher ein Zeichen dafür, dass der rheinische Kunstmarkt so stark ist wie sein guter Ruf - und zwei Messen für zeitgenössische Kunst im Jahr vertragen kann.

Daten

Art Düsseldorf, Areal Böhler, Hansaallee 321, Düsseldorf, bis 19. November. Öffnungszeiten: Fr. 12-19 Uhr, Sa.-So. 11-19 Uhr. Eintritt: Tagesticket 25 Euro/ 20 Euro ermäßigt, Kombiticket für zwei Messetage 35 Euro.

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