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Literaturfestival startetWas zwanzig Promis über Köln und die lit.Cologne sagen

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Auch Anke Engelke macht mit beim neuen Programm der lit.Cologne.

Auch Anke Engelke macht mit beim neuen Programm der lit.Cologne.

Köln – Zum 20. Mal findet die lit.Cologne in diesem Jahr statt. Der „Kölner Stadt-Anzeiger” hat zwanzig Prominente aus der Kultur-Szene gefragt, was das Literaturfestival für sie ganz persönlich bedeutet.

Senta Berger Meine Schwiegermutter, die Schauspielerin Doris Kiesow, war Kölnerin. Sie erzählte mir von der Begeisterungsfähigkeit des Kölner Publikums. Köln war zu ihrer Zeit – in den 20ern, 30ern – die Stadt mit den meisten Kinos in Deutschland. Diese Lichtspiele waren prächtige Lichtburgen. Das Publikum strömte in die Kinos. Daran muss ich immer denken, wenn ich bei der lit.Cologne auftrete. So wie damals in die Kinos strömen die Kölner heute zu all den Veranstaltungsorten, wo gelesen, rezitiert, musiziert wird. Die ganze Stadt spielt mit, ja eigentlich spielt Köln die Hauptrolle. Die Kölner haben die lit.Cologne erst zu dem gemacht, was es ist. Ein Fest!

Elke Heidenreich Mir fallen die langen Schlangen vor allen Veranstaltungsorten ein und dann denke ich daran, wie sehr der Mensch die Kultur braucht und wie wenig das Fernsehen darauf Rücksicht nimmt. Kaum noch Kultur, nur Gequatsche. Und in Erinnerung bleibt mir, wie der ewig großzügige, heitere, unangepasste Tomi Ungerer über die lit.Cologne tobte. Was ich an Köln liebe und mag? Gute Frage, so herum. Denn das was ich noch liebe (Philharmonie, Rhein, lit.Cologne, Richterfenster) ist sehr viel weniger als das, was ich an Köln nicht mehr mag (Operndesaster, Architekturdesaster, Stadtarchivdesaster, U-Bahn-Desaster).

Denis Scheck Seit vielen Jahren sind meine Frau und ich mit Donna Leon befreundet. Die größte Leidenschaft im Leben Donna Leons ist außer ihrem Garten das Werk Georg Friedrich Händels. Dennoch hielten wir es für einen Witz, als Donna uns schrieb, sie trete auf der lit.Cologne mit ihrem neuen Buch über Tier-Arien in Händel-Opern nur in Gesellschaft unseres Jack-Russel-Terriers namens Stubbs auf. Tatsächlich aber war es Donna vollkommen ernst damit, und so gingen wir also zu dritt auf die Bühne der Musikhochschule. Wundersamerweise fühlte Stubbs sich auf der Bühne pudelwohl, auch wenn er diesen Ausdruck verabscheut hätte. Beim letzten Zuspiel von der dem Buch beigelegten CD, der Löwen-Arie „Qual leon che fere irato“ aus „Arianna In Creta“, legte Stubbs allerdings den Kopf in den Nacken und fing zum ersten Mal auf Wolfsart an überaus melodisch zu heulen. Das Publikum raste. Schon dachten wir an eine internationale Bühnenkarriere – La Fenice, die Scala, die Met und Las Vegas schienen zum Greifen nah. Doch Stubbs hat seither nie wieder einen Ton gesungen. Ein schlauer Hund!

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Sebastian Fitzek Köln ist für mich eine Stadt der beruflichen Premieren: Hier erlebte ich als Radio-Volontär zum ersten Mal die große weite Medienwelt und durfte bei einem Betriebsausflug hinter die Kulissen legendärer Shows wie Schmitteinander und RTL-Samstagnacht schauen. Im Gloria Theater haben wir den Startschuss meiner ersten Soundtrack-Leseshow gefeiert und ich durfte auf einer lit.Cologne-Veranstaltung in der Lanxess-Arena vor über 5000 Besuchern lesen (die damals ehrlicher Weise nicht allein meinetwegen, sondern eher wegen Frank Schätzing, Klüpfel & Kobr und vielen anderen gekommen waren). Und gemeinsam mit der großartigen Literaturkritikerin Margarete von Schwarzkopf erlebte ich auf der lit.cologne meine erste von Gebärendendolmetschern übersetzte Interview-Lesung, die in Anbetracht meines Redeschwalls Unglaubliches leisten mussten. Allein für diesen Anspruch des Festivals, bei der Organisation an die Bedürfnisse jedes einzelnen Literaturliebhabers zu denken, wird die lit.Cologne immer einen besonderen Platz in meinem Herzen haben.

Martin Baltscheit Als Düsseldorfer muss ich leider zugeben: lit.Cologne: Ein Festival auch für Autoren. Perfekte Orte, volle Häuser, super Atmosphäre. Besonderes Erlebnis: Die Gebärdendolmetscher. Sie waren schneller als ich lesen konnte. Verdammt! Was ich an Köln liebe und mag? Echt jetzt? Nur die lit.Cologne. Und den Rückweg nach Hause. In meine Heimatstadt, leider ohne Festival. Nochmal verdammt!   

Anke Engelke Vor einer Bühnen sitzen oder einem Podest, und sich an die Hand nehmen lassen, halb-hypnotisiert, und sich einlassen auf Vorlesende, auf Vorgelesenes, Erzähltes, und hinterher zum Beispiel erst gar nichts denken und später vielleicht „ach so, aha“ oder „nee danke, kotz würg“ oder „ich bin verliebt in irgendwas plötzlich“ – so war das bei mir in den ersten Jahren der lit. Cologne, und dann habe ich einige Male die Seite gewechselt, auch das ist ja immer wieder eine Wahnsinnsfreude, aber fast ein bisschen lieber bin ich zahlender zuhörender Gast und gehe nachts am Rhein nachhause.

Jörg Thadeusz Ich war schon bei der allerersten lit.Cologne dabei. Nur durch die lit.Cologne weiß ich, dass ich auch ein Festivaltyp sein kann. Die Berlinale ist mir viel zu großspurig, Musikfestivals generell zu ungewaschen. Aber mit diesem Kölner Fest der Dichter und Denker verbinde ich gemeinsame Auftritte mit Senta Berger auf großer Bühne. Schwärmerische Blicke auf die vorlesende Maria Schrader. Und eine Taxifahrt mit Roger Willemsen. Als er mit seinen langen Beinen hinten saß und mit Kirmestechno beschallt wurde. Sollte die lit.Cologne jemals einen Preis ausloben, muss es „der Willemsen“ werden. Weil niemand vor und niemand nach ihm Literatur vergleichbar feiern kann. Und was ich über Köln sage? Köln ist die schönste häßliche Stadt, die ich kenne. Ich habe so gern in Köln gelebt, dass ich beim Weggzug im Auto unter Tränen „Dat Hätz vun dr Welt“ sang. Heute ist es für mich Bad Köln. Sobald der Zug über die Hohenzollernbrücke in Richtung Hauptbahnhof rollt, fällt der Permakrampf der Berliner Taiga von mir ab. 

Peter Lohmeyer Also eigentlich ist es ja schwer den Kölner zum Schweigen zu bringen, aber es gibt diese Tage auf der lit.Cologne, da hat man nicht nur einen Kölner vor sich, sondern gleich Hunderte. Und sie hören einem alle zu, und dazu noch völlig begeistert, und sie sind alle froh, dass sie nicht singen müssen wie im Stadion oder im Karneval! Mein Lieblingsschriftsteller Eoin Colfer und ich haben es geschafft, dass über 1000 Leute auf dem Rheindampfer die Welle gemacht haben, man stelle sich das mal vor, die Welle aufm Schiff aufm Rhein, wo gibt’s denn so was!?

Bettina Böttinger Dieses Fest der Bücher bietet so viele Anregungen, Begegnungen, Überraschungen. So gerne ich mich zu Hause mit einem Buch auf mein Sofa zurückziehe, so aufregend finde ich die Lesungen im Rahmen dieses Literaturfestivals, egal, ob in einem kleineren Rahmen wie der Kulturkirche oder in einem größeren wie dem Tanzbrunnen oder auf dem Schiff. Und mal ehrlich: Wo sonst könnte die Stimmung so ausgelassen, neugierig, begeistert sein wie in Köln? Diese anderthalb Wochen werden für mich wie jedes Jahr zu einer Abenteuerreise!

Peter Wohlleben Zwei Dinge liebe ich an der lit.Cologne: Das Publikum und die Organisation. Literaturaffine Menschen, die gleichzeitig das Herz auf der Zunge tragen, machen es mir als Autor sehr leicht: Die Verbindung zu den Zuschauern steht nach wenigen Minuten, und die Reaktionen aus dem Publikum tragen mich durch den Abend. Der ist so gut organisiert, dass ich mich um nichts weiter zu kümmern brauche, als zu kommen und auf die Bühne zu steigen. Und dann die Locations! Welches Literaturfestival hat vom Dom bis zum Schiff so etwas zu bieten? Klar, dass ich alles an Terminen beiseite schiebe, wenn die Einladung zur lit.Cologne kommt!

Cordula Stratmann Das kann man gar nicht in wenige Sätze fassen, was die lit.Cologne für mich oder für die Stadt oder für die Region oder für die Kultur oder für jede einzelne BesucherIn oder für Familien oder für Geschenkideen oder für Paare oder für die literarische Bildung oder für die politische Bildung oder für die Herzensbildung bedeutet. Nicht mal diese Aufzählung ist vollständig. DAS bedeutet die lit.Cologne!

Domprobst Gerd Bachner Wenn ich an die lit.Cologne denke, denke ich sofort an Rainer Oberthür. 2017 haben Annette Frier und Cordula Stratmann im Dom aus seinem „Buch vom Anfang von allem“ gelesen. Ein Samstagnachmittag im Spannungsfeld von Glauben und Naturwissenschaften: Rainer Oberthür konnte gar nicht fassen, dass wir diesen Dialog im Dom ermöglicht haben. Ich bin dankbar ob der vielen, oft kontroversen literarischen Begegnungen, die uns im Rahmen der lit.Cologne im Dom geglückt sind. Mit ihrer Hilfe eröffnen wir neue Sichtweisen und Freiräume – und stellen uns als Kirche den wichtigen Fragen der Menschheit.

Frank Plasberg Sie kennen den Satz: Wenn mir damals jemand gesagt hätte… Also ich hätte gesagt: Du spinnst. Der Mann, der da in den Anfangsjahren der lit.kid.cologne auf der improvisierten Bühne im Polizeipräsidium sitzt und aus einem Kinderbuch vorliest, das er zusammen mit seiner Frau geschrieben hat, dieser Mann wird vielleicht mal einen Buchpreis gewinnen oder eine späte Karriere als deutscher George Clooney machen - hätte ich gesagt. Ihn zusammen mit seiner Frau Andrea Paluch im Gespräch vorstellen zu dürfen, war ein großes Vergnügen. Da waren zwei Menschen, die Bücherschreiben und Kinderkriegen als gemeinsamen Projekt durchziehen - und das ganz offensichtlich konkurrenz- und angstfrei. Also, wenn mir damals jemand gesagt hätte, dieser Mann, dieser Robert Habeck, wird vielleicht mal Kanzler in Deutschland, dann wünschte ich mir, ich hätte gesagt: Warum eigentlich nicht? Aber dazu hätte ich Visionär sein müssen, und nicht bloß der Moderator.

Margit Auer Wir Kinderbuchautoren fahren normalerweise mit Bus, U-Bahn oder dem Fahrrad zu unseren Lesungen. Manchmal mit dem Taxi. Nie, wirklich nie, haben wir einen Fahrservice. Außer auf der Lit.Cologne. Es ist ein Genuss, in der Limousine durch die Stadt zu rollen, während die Fahrerin (Ja, oft ist es eine Frau) über Funk durchgibt: „Ich bringe die Autorin. Ankunft in 5 Minuten!“ Wir erreichen den Künstlereingang, jemand öffnet die Beifahrertür – es kann losgehen!

Christian Brückner Was ich an der litCologne liebe und mag? Das erste Kölsch im Schokoladenmuseum. Was ich an Köln mag? Dat jecke!

Annette Frier Die lit.Cologne ist aus Köln nicht mehr wegzudenken. Ansonsten flirrt die Stadt SO nur an Karneval, das mein ich ernst. Wie toll, dass Literatur und der Bock dabei zu sein so einen Teamspirit versprühen kann wie andernorts Tore beim Fußball. Und was meine persönlichen Assoziationen angeht....da könnte ich Ihnen jetzt von Lachkrämpfen mit Jürgen Tarrach on Stage, unvergesslichen Klobegegnungen im Schokoladenmuseum und fantastischen Moderationen von Roger Willemsen erzählen, der immer noch fehlt wie am ersten Tag. Danke an die Herren Köhler, Labonté und Osnowski, war das ne geile Idee vor 20 Jahren: Totale Leseeskalation!

Martin Suter Die lit.Cologne ist das Filmfestival von Cannes für Bücher.

Louis Klamroth Ich kenne keine Veranstaltung, an der so viele, unterschiedliche, inspirierende Menschen auf einen Haufen zusammenkommen. Ich habe jedes Jahr das gleiche Problem: Bei so vielen parallel laufenden Veranstaltungen bekommt man, wenn man es wirklich drauf anlegt, höchstens zwei oder drei Veranstaltungen am Abend mit. Aber mindestens genauso spannend wie die Veranstaltungen selbst, sind die Zusammenkünfte nach der den Lesungen. Wenn die Künstler*innen sich dann zur „Aftershow“ im Schokoladenmuseum einfinden, entsteht etwas Einmaliges. Da stehen dann Joachim Król, Nobelpreisträgerin Olga Tokarczuk, Henning May, Carolin Emcke und Robert Habeck bei einem Kölsch zusammen und diskutieren über Literatur und Gesellschaft. Wo gibt es das sonst auf der Welt? Gäbe es die lit.Cologne noch nicht, man müsste sie erfinden.

Jakob Hein Für Schriftstellerinnen und Schriftsteller gibt es in Deutschland gute Kantinen und ordentliche Wohnungen - wir können uns nicht beschweren. Aber die lit.cologne ist ein real existierendes Schloss für uns, in dem wir jedes Jahr für ein paar Tage die Königinnen und Könige sein dürfen! Dieses Konzept einer Monarchie für alle ist die schönste Form der Gleichheit und ermöglichte mir und vielen nicht nur tolle Lesungen sondern auch unzählige Begegnungen, aus denen in den Jahren Freundschaften und weiterführende Projekte geworden sind. Herzlichen Glückwunsch, lit.Cologne!

Helge Malchow, Ex-Kiwi-Verleger Die lit.Cologne war und ist ein unerwartetes Geschenk für Buchverlage, Buchhändler, Autor/innen und Leser/innen, weil sie in Zeiten der Netzkultur und Digitalisierung die unersetzbaren Stärken des Mediums Buch und der Literatur vorführt: die gedankliche Vertiefung und Konzentration, den Kontakt zu Schriftstellern, das individuelle Glück des Leseerlebnisses, die Erkenntniskraft des Erzählens und die Befreiung des Geistes von Bevormundung und Trägheit. Hunderttausende von Besuchern haben künstlerische und geistige Herausforderung als Bereicherung erlebt, auch das Glück gelungener Unterhaltung. Nebenbei haben sie dabei erfahren, dass eine kleine Großstadt wie Köln kulturelle Leistungen auf internationalem Niveau erbringen kann. Entscheidend für all das ist die vom ersten Tag an erkennbare Kuratierungsleistung, die erkennbare Handschrift der Programmmacher. So ist die lit.Cologne die Mutter aller Festivals geworden. Glückwunsch. 

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