Lyrik-Festival „Satelliten“Die Kölner Südstadt als Kunst-Galaxie

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Achtung Lyrik – beim „Satelliten“-Festival wurde nach Kräften performt.

Achtung Lyrik – beim „Satelliten“-Festival wurde nach Kräften performt.

Köln – Lyrik, so lautet die Botschaft, sendet Signale aus – und empfängt auch welche. Am vergangenen Wochenende wurde die Kölner Südstadt zu einem Schmelztiegel der Künste. Über zwei Tage hinweg boten verschiedene Orte Dichtern und ihren Gedichten Raum für „Funken“, die aber auch Musiker und Tänzer aussandten. So war der Veranstaltungstitel „Satelliten“ nicht einfach nur ein Name, er war Programm.

Den Anfang machte am Freitagabend die „Umlaufbahn I“ im Alten Pfandhaus. Denise Winter performte zu den Texten von Maren Kames. Beide haben bereits zuvor zusammengearbeitet und verschiedene Projekte realisiert und gezeigt, wie Stimme und Raum miteinander verschmolzen und getrennt werden können. Es war ein verregneter Freitagabend, was die Atmosphäre im Pfandhaus umso wohliger erscheinen ließ; weitere Künstler waren unter anderen Jan Skudlarek und Ron Winkler.

Vor allem Skudlarek dürfte dem Publikum im Vorfeld schon bekannt gewesen sein: Er ist nicht nur Mitherausgeber des Literatur- und Fotografiemagazins STILL, er erhielt zudem auch den Postpoetry Award NRW. Gemeinsam mit Interstellar 221 zeigte er den Zuschauern und Zuhörern, wie seine Gedichte in Performance übertragen werden können. Interstellar 221 ist selbst auch nicht unbekannt: Barbara Schachtner und Dorrit Bauerecker als Performanceduo zeigten zuletzt „Supernova“.

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Mystische Texte

Ron Winkler ist ebenfalls ein mehrfach ausgezeichneter „Satellit“. Seine teils mystischen Texte wurden an diesem Abend ebenfalls in eine Art Funkverkehr gebracht. Elektro Hafiz, Musiker des „anatolisch-psychedelischen“ Genres, mixte seine Interpretationen zu den Texten Winklers. Von Elektro Hafiz dürften Genre-Fans in Zukunft mehr hören, seine Alben gelten als Meilensteine, immer wieder führt er die Newcomer-Listen der Worldmusic-Charts mit an.

Wie reagieren Tanz und Performance auf Gedichte? Künstler und Publikum durften sich immer wieder neu überraschen lassen von der Symbiose von Lyrik, Tanz und Musik. Beide Seiten, Künstler und Publikum, erlebten also in stets neuen Facetten, wie gut interdisziplinäre Kunst funktionieren kann.

Verregnet ging es auch am Samstag weiter: Wie schon am Vorabend ein guter Rahmen, um in Lokalitäten wie der der Buchbinderei Mensch, der Severinstorburg, dem Kulturcafé Lichtung, dem Atelier No.5, der Gartengemeinschaft NeuLand oder der Kultkneipe Lotta den weiteren Lesungen zu lauschen. Einen kompletten Nachmittag lang stand die Südstadt im Zeichen der Lyrik und Literatur. Ron Winkler, Jan Skudlarek, Christoph Wenzel, Martin Piekar, Sonja vom Brocke und Maren Kames verteilten sich in der urbanen Landschaft, ganz wie Satelliten, um aus ihren Werken zu lesen und mit dem Publikum in Berührung zu kommen.

Jan Skudlarek zum Beispiel las aus seinem zuletzt erschienenen Werk „Du hast Lippen wie Mozart“, Open-Mike-Gewinner Martin Piekar aus „Bastard Echo“. Die Lesungen bildeten einen Kontrast der Ruhe zum Vorabend, wenngleich die Kommunikation und Interaktion mit dem Publikum ein wesentlicher Aspekt war. So auch bei Christoph Wenzel, dessen Zuhörer sich auch während der Lesung immer wieder Texte und Passagen wünschen konnten.

Dichter und Musiker

Zurück im Alten Pfandhaus ging es abends weiter mit dem „Funkverkehr“. Wie kommen Künste miteinander ins Gespräch? Diese Frage stellten sich die Veranstalter und ließen hierfür Dichter der Zeitschrift „schliff“ und Musiker des Ensembles „Impakt“ miteinander agieren. Lyrische Werke trafen auf musikalische Improvisation, eigens für diesen Abend wurde die Band des Ensembles zusammengestellt.

Den Abschluss des Festivals bildete sodann die „Umlaufbahn II“. Die Südstadtsatelliten Ulrike Almut Sandig, Christoph Wenzel, Swantje Lichtenstein und Martin Piekar erkundeten ihre eigenen Werke auf neue Sichtweisen, begleitet und interpretiert von Künstlern wie der Tänzerin und Choreographin Bahar Gökten, dem Professor für Popularmusik an der Hochschule für Musik und Tanz in Köln, Jono Podmore, und der Puppenspielerin Magda Lena Schlott. Letztere war zuletzt mit „Vaterland“ am Schauspiel Köln zu sehen. Wer sie noch nicht kannte: 2013 rief sie die erste Kochshow von Tieren für Tiere ins Leben – die erste vegane Puppenkochshow.

Die Darstellungen und Lesungen waren nicht nur für Fans eine Abwechslung – alle Interessierten konnten sich ein Wochenende lang von Lyrik und Musik, von Tanz und Sprache in den Bann ziehen lassen. Ein gelungenes, ausbaufähiges, hochinteressantes Festival: es hat gefunkt.

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