Max von Einem„Ich will einfach nur spielen“

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Der Posaunist Max von Einem

Der Posaunist Max von Einem

Herr von Einem, warum entscheidet man sich als Fünfjähriger dazu, Posaune zu spielen?

Max von Einem: Das weiß ich selber nicht. Ich bin mit meiner Mama in die Musikschule gegangen, hatte dann erst eine Trompete in der Hand. Das fand ich aber nicht so richtig geil. Ich hatte zwar keinen Plan, wie eine Posaune klingt, aber ich wollte unbedingt eine haben.

Jetzt sind Sie 25 Jahre alt, studierter Jazzposaunist, und eröffnen diese Woche das Jazzfestival in Köln, nach Ihnen spielt Götz Alsmann. Nervös?

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Von Einem: Klar, das ist ein großes Ding. Ich freue mich total auf den Abend und auf Alsmann, der aus Münster stammt wie ich. Es dürfte musikalisch auf jeden Fall eine schräge musikalische Kombination werden, denn unsere Musik ist total unterschiedlich.

Max von Einem, 25, Posaunist, studierte an der Folkwang Hochschule Essen und der Kölner Musikhochschule. Mit seiner Band Einem.Art eröffnet er am Freitag mit Götz Alsmann & Band das „Audi Jazz Festival“, das vom 7.-9. September in den „Balloni Hallen“ in Ehrenfeld stattfindet. www.balloni.de

Traditionell werden kommerziell erfolgreiche Jazzkünstler, wie Till Brönner, von der Szene kritisch beäugt. Erleben Sie das als junger Jazzer immer noch so?

Von Einem: Ja, das ist immer noch so. Furchtbar. Ich bin keiner und will keiner werden, der jemand anderen dafür kritisiert, dass er sich gut vermarkten kann oder einen kommerziellen Weg geht. Das muss jedem Musiker selbst überlassen bleiben. Solche Diskussionen sind im Grunde auch oft von Neid bestimmt.

Könnten Sie sich vorstellen, Musik für die Masse zu produzieren?

Von Einem: Erst einmal nicht. Zumal ich das auch nicht allein entscheiden könnte: Denn die Musik bei Einem.Art schreibt das Quartett zum Teil zusammen, teils kommen auch viele Kompositionen von unserem Pianisten, wir sind ein Kollektiv. Und natürlich haben wir den Wunsch, uns treu zu bleiben, uns nicht zu verbiegen. Ich werde nicht auf der nächsten Platte anfangen zu singen, damit sie sich besser verkauft.

Wäre es kommerziell gesehen der bessere Weg gewesen, klassische Posaune zu studieren?

Von Einem: Nein, ich glaube nicht. Und es wäre auch nicht mein Ding gewesen, ein Stück genauso vom Blatt zu spielen, wie es alle tun. In der Jazzmusik ist viel mehr möglich, man erlernt das Improvisieren, kann sich flexibel in Bands und Stilrichtungen einbringen.

Die Musik von Einem.Art ist ein Crossover aus verschiedenen Einflüssen, Rock ist drin, Loops auch. Ist heute im Jazz alles erlaubt?

Von Einem: Jazz ist in meinen Augen nur noch ein kleines Wort, ein Überbegriff für all das, was sich darunter mittlerweile sammelt. Wie soll man Jazz definieren? Ich weiß es nicht. Es hat auf jeden Fall immer etwas Entwickelndes, Bereicherndes, Experimentelles, was nicht heißt, dass es Free Jazz sein muss. Früher war die Frage, was Jazz ist, jedenfalls sehr viel übersichtlicher. Aber heute? Die Grenzen zwischen Jazz und Avantgarde zum Beispiel verschwimmen total. Ich würde auch unsere Band nicht als Jazzband bezeichnen. Obwohl wir eine Jazzband sind. Hmm, das ist schwierig...

Jazzclubs, Plattenfirmen und renommierte Jazzfestivals sind finanziell bedroht: Bekommt ein junger Jazzer da Existenzängste?

Von Einem: Ich finde das schade und traurig, aber Existenzangst bekomme ich nicht. Ich lebe jetzt schon seit drei Jahren von der Musik, schon während des Studiums konnte ich Geld damit verdienen.

Ist das eine Frage, die Sie häufig hören: Kannst Du davon leben?

Von Einem: Auf jeden Fall. Ich frage dann auch immer zurück: Und du bist Bankangestellter, kannst Du auch davon leben? Es nervt ein bisschen, dass man immer wieder drüber Auskunft geben muss. Dieses Gefühl, sich dafür rechtfertigen zu müssen, welches Leben man sich ausgesucht hat.

Ist das Raubkopieren auch für Jazzer existenzbedrohend?

Von Einem: Wir müssen uns weniger Sorgen machen, denke ich. Im Verhältnis zur Popmusik verkaufen wir ohnehin nicht viele Platten, da lebt man eher von Konzerten. Und ich kann jetzt nur für mich sprechen, aber wenn ich eine CD haben will, kaufe ich sie mir. Das Jazzpublikum ist vermutlich auch eher noch so eingestellt wie ich.

Sie haben in Köln Jazz studiert, so wie viele andere auch. Ist Köln eine gute Stadt für Jazzmusiker?

Von Einem: Auf jeden Fall. Ich lebe hier gerne und es gibt eine Menge zu spielen, eine Menge Jobs, die einem Geld bringen. Und es gibt so viele Musiker, dass man immer jemanden findet, mit dem man eine Band zusammenstellen kann. Und von Köln aus ist man auch schnell überall in Deutschland.

Ihr Wunsch ans Universum?

Von Einem: Eine gute CD zu machen dieses Jahr, sie auf einem Label veröffentlichen, ein paar gute Konzerte spielen, mit der Band solle es nach vorn gehen. Ich muss nicht berühmt werden, ich will einfach nur spielen. Mehr Träume habe ich nicht. Das Gespräch führte Sarah Brasack

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