Medien-GauFranzösischer Radiosender erklärt Hunderte von Prominenten für tot

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Irrtümlich für tot erklärt: Queen Elizabeth II.

Paris – Die Berichte über seinen Tod seien übertrieben, kabelte Mark Twain aus London zurück in die amerikanische Heimat, nachdem dort eine Zeitung einen Nachruf auf den Autor veröffentlicht hatte.

Dass Nachrufe auf berühmte Zeitgenossen noch zu deren Lebzeiten verfasst werden, ist keine Pietätlosigkeit, sondern journalistische Praxis. Den Menschen verlangt es im Fall des Falles nach Lesestoff, so kann jeder ein Stück weit an der kollektiven Trauer teilhaben.

Dass vorgeschriebene Nachrufe im Vorgriff auf das Ereignis erscheinen, passiert auch immer mal wieder, Mark Twain ist da beileibe kein Einzelfall. Doch was Radio France Internationale (RFI) – dem Auslandsdienst des öffentlichen Hörfunks in Frankreich  – jetzt passiert ist, gleicht einem Massaker: Am Montag publizierte der Sender mehr als 100 Nachrufe auf bekannte Persönlichkeiten  auf seiner Internetseite. Clint Eastwood, Jimmy Carter, Sophia Loren, Yoko Ono, Jean-Paul Belmondo und die Queen: Laut RFI hatte es sie alle am selben Tag dahingerafft.

In Mark Twains Roman „Tom Sawyer“ besucht der für tot erklärte Titelheld seine eigene Beerdigung. So müssen sich die Promis gefühlt haben, die von den Franzosen bei bester Gesundheit unter die Erde gebracht wurden.

Die Queen konnte sogar nachlesen, dass sie verschieden sei, nachdem in Folge einer Covid-19-Erkrankung ihre Lungen versagt hatten.  Es waren dann jedoch nur die RFI-Seiten, die einem Bug zum Opfer gefallen waren,  und nicht Elizabeth II.

So genau will man letztlich wohl nicht wissen, welche Todesverläufe Journalisten einem zugedacht haben. Bei der „New York Times“ gab es vor einigen Jahren den kuriosen Fall, dass der Verfasser eines Nachrufes auf Elizabeth Taylor vor der Schauspielerin das Zeitliche segnete –  seine Würdigung erschien erst, als er selbst bereits seit sechs Jahren die Redaktionsräume für immer verlassen hatte. Wer dem Ableben durch Meldung ein Schnippchen schlagen will, sollte  es halten wie Herbert Feuerstein: Der Humorist verfasste kurzerhand seinen eigenen Nachruf.

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