Abo

Moschee in der Abstellkammer

Lesezeit 3 Minuten

Ob ich die kleinste Moschee von Köln kenne?, will die freundliche Dame mit dem orangefarbenen Kopftuch wissen. Nein, natürlich nicht. Ich kenne natürlich die größte, ist ja nicht schwer. Aber jetzt sitzen wir hier, am anderen Ende der Venloer Straße, beim Blind Date in Arslan’s Kebap, und mir wird nach und nach klar, dass ich wirklich überhaupt nichts weiß, über den Islam.

Zum „Blind Date Islam“ hat die Münchner Regisseurin Antje Schupp geladen, im Rahmen der Stadtprojekte des Theaterfestivals Impulse. Das Regelwerk ist einfach: „Jeweils ein*e Zuschauer*in und ein*e Muslim*in treffen aufeinander, ohne zu wissen, wer ihr Gegenüber sein wird.“

Mein muslimisches Gegenüber heißt Karim El Zein, hieß früher mal Karin und stammt aus dem Schwarzwald. Sie sei schon vor mehr als 30 Jahren zum Islam konvertiert, erzählt Karima. Und nein, es war kein Mann im Spiel, nur ihre Überzeugung. Die Sache mit der Dreifaltigkeit habe sie beim Christentum immer gestört. Wieso sollte ein Mensch ihre Sünden vergeben können? Jetzt, sagt sie, habe sie den direkten Draht zu Gott.

Ach ja, die kleinste Moschee. Befindet sich direkt im Kebab-Restaurant, direkt auf dem Weg zu den Toiletten. Eine winzige Abstellkammer mit zwei Gebetsteppichen, die aber korrekt in Richtung Mekka ausgerichtet sind. Für Gott ist Platz in der kleinsten Hütte. Nur anscheinend nicht in meiner. Vor ein paar Jahren habe ich um die Ecke gewohnt, auch des Öfteren bei Arslan’s gegessen, der Gebetsraum war mir nie aufgefallen. Wenn die Regisseurin in der Beschreibung ihres Projekts behauptet, dass viele Nicht-Muslime wenig über den Islam wissen, fühle ich mich angesprochen.

Törichte Fragen

Karima El Zein beantwortet geduldig auch noch die törichsten meiner Fragen, erklärt mir etwa den Gebrauch der Tesbih, der Gebetskette. Und spendiert dazu ein Eis. Sie sitzt im Vorstand der Christlich-Islamischen Gesellschaft und arbeitet beim Begegnungs- und Fortbildungszentrum muslimischer Frauen in der Liebigstraße. Auch das war mir noch nie aufgefallen, obwohl hier fast 100 Menschen arbeiten, Sprach- Integrations- und Fortbildungskurse anbieten. Stolz erzählt Karima, dass viele ihrer ehemaligen Schützlinge heute als Ärzte, Anwälte oder Ingenieure arbeiten.

Dann sind wir bei der Ehrenfelder Zentralmoschee, der größten von Köln, angekommen. Draußen findet gerade ein Totengebet statt, zwei Särge gleißen schwarz in der Sonne. Ob es nicht möglich wäre, dass irgendwann die Frauen nicht mehr hinter den Männern stünden, sondern alle zusammen beteten? Das wiederum scheint so undenkbar, dass mein Blind Date zuerst die Frage nicht versteht.

Wir ziehen unsere Schuhe aus und betreten die Moschee. Es ist, muss ich zugeben, meine erste. Schön ist sie von innen, schön, wie das Licht auf die Gläubigen fällt. Das Nicht-Wissen ließe Raum für Vorurteile, schreibt Antje Schupp. Ein intimes Gespräch könnte diese abbauen. Da möchte ich nicht widersprechen. Nur bleibt mir Religion, fürchte ich, generell fremd. Aber ich war an einem Tag in anderthalb Moscheen, habe Antworten auf Fragen bekommen, die ich mich noch nicht mal zu googlen traute. Und ich habe eine Stunde mit einem netten Menschen verbracht. Das ist doch was.

KStA abonnieren