Mut zur LückeKölsche Notlösung in Ehrenfeld könnte Architekturpreis NRW gewinnen

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Baulücke Köln_Wolfgang Zeh

Baulücke (Köln):  Wohnen im Treppenhaus. Die drei Zimmer dieser  kölschen Notlösung sind auf sechs Halbetagen verteilt.

Köln – Es gehört zu den seltsamen Erfahrungen mit Architektur, dass gutes Bauen nicht zwangsläufig zur Verschönerung von Stadt und Landschaft führt. Das kann daran liegen, dass sich der Neubau wie ein Maulwurf durchs Erdreich pflügt – wie die U-Bahnhöfe der Düsseldorfer Wehrhahn-Linie – und sich überirdisch nur als Loch im Gehweg präsentiert.

Wolfgang Zehs Baulücke auf Straße in Ehrenfeld

Private Großtaten verbergen sich hingegen gerne auf Firmengeländen oder hinter den Hecken und Zäunen der Villengegenden. Oder sie sind Mutmacher in trister Nachbarschaft. In letztere Kategorie fällt tendenziell die „Baulücke“ des Kölner Architekten Wolfgang Zeh, der ein Wohnhaus auf Garagenbreite in eine Straße in Ehrenfeld quetschte; der Balkon blickt auf die Bahntrasse. Dieser Mut zum Lückenschluss wird im Inneren mit rustikaler Modernität belohnt, macht die Stadt aber vor allem in Gedanken schöner: Man stelle sich vor, sämtliche der teilweise aberwitzigen Löcher im Kölner Stadtbild würden mit ähnlich viel Geschmack und Unerschrockenheit „verdichtet“.

In typisch kölscher Manier sticht Zehs Notlösung aus den zehn Kandidaten für den Architekturpreis des Landes Nordrhein-Westfalen heraus – und erfüllt gerade deswegen den Zweck des Preises, die Diskussion über gute Architektur und klugen Städtebau zu beleben, in besonderer Weise. Dem König einen Palast zu errichten, ist eher kein Kunststück im Vergleich dazu, die Wunden eines Vororts zu lindern oder ein leuchtendes Beispiel in einen düsteren Straßenzug zu setzen. In diesem Sinne bedeutet Mut zur Lücke auch, eine Bresche ins architektonische Allerlei zu schlagen.

Auch Musikforum in Bochum ist nominiert

Selbstredend sind für 2018 auch Prestigeprojekte an herausgehobenen Plätzen nominiert: das von Bez + Kock Architekten entworfene Musikforum im Herzen Bochums, Paul Böhms Bibliotheksbau für das Münsteraner Philosophikum oder die Folkwang Universität der Künste auf dem Gelände des Essener Weltkulturerbes Zeche Zollverein. Insbesondere der eine entweihte Kirche sanft durchschießende Bochumer Konzertsaal gehört in die Sparte städtebaulicher Leuchtturmprojekte, die nicht selten dem Protz zu verfallen drohen; hier gefällt sich der Gebäudezwitter hingegen auf angenehme Weise in Bescheidenheit. Überhaupt gehört Stararchitektur in NRW zur Mangelware – der alle drei Jahre vergebene Landespreis ist eine Leistungsschau des Mittelstands. Und ein Mutmacher für Kommunen. Denn gutes Bauen ist möglich.

Der Architekturpreis Nordrhein-Westfalen 2018 wird am 25. September in Düsseldorf verliehen. Auf seiner Website zeigt der Bund Deutscher Architekten alle Nominierten.

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