Nach Echo-EklatFlut der Rücktritte nimmt kein Ende

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Farid Bang Kollegah PIC ECHo

Farid Bang und Kollegah (r.) mit dem Echo.

Berlin – Der Echo-Eklat zieht Kreise: Nun werden auch die jüngeren Stars aufgefordert, sich zu dem als judenfeindlich kritisierten Rap-Album zu äußern, das einen Preis gewonnen hat. Der langjährige Musikmoderator Peter Illmann („Formel Eins“) zeigte sich über die Auszeichnung für die Rapper Kollegah und Farid Bang „entsetzt“.

Er hätte den Preis den Musikern vor die Füße geworfen, so Illmann (59). „Ich fordere auch die jüngeren Künstler wie Helene Fischer oder Mark Forster auf, sich wie Maffay und Westernhagen von Texten, die Gewalt verherrlichen oder antisemitisch sind, zu distanzieren.“ Illmann rief zudem dazu auf, das umstrittene Album zu boykottieren.

Bislang meldeten sich nur ältere Musiker zu Wort

Bislang hatten sich überwiegend ältere Musiker zur Wort gemeldet. Campino (55) war bei der Show am vergangenen Donnerstag der einzige, der auf der Bühne anprangerte, dass eine Grenze überschritten sei. Das Rap-Album „Jung, Brutal, Gutaussehend 3“ enthält Textzeilen wie „Mein Körper definierter als von Auschwitzinsassen“ und „Mache wieder mal 'nen Holocaust, komm' an mit dem Molotow“.

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Dass diese Musik beim Echo preiswürdig ist, hatte heftige Kritik und eine Debatte um Antisemitismus ausgelöst. Mehrere Preisträger wollen ihre Trophäen zurückgeben, außer Marius Müller-Westernhagen aber meist aus dem Klassik-Bereich. Der Bundesverband Musikindustrie hat den Preis für das Rap-Album mittlerweile als Fehler bezeichnet und will die als kommerziell kritisierte Verleihung überarbeiten.

Nach dem Rückzug des Deutschen Kulturrats kündigte am Mittwoch auch der Präsident des Deutschen Musikrates, Martin Maria Krüger, seinen Austritt aus dem Echo-Beirat an. Die Entscheidung des Gremiums, das umstrittene Album nicht aus dem Echo-Rennen zu nehmen, sei ein Fehler gewesen. Zuvor hatte Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU) dem Beirat Versagen vorgeworfen.

Internationale Auschwitz Komitee begrüßte solidarischen Reaktionen

Das Internationale Auschwitz Komitee begrüßte die empörten und solidarischen Reaktionen. „Offensichtlich ist durch diese Echo-Verleihung die latente Überziehung junger Menschen durch stupide Hass und Gewalt- und Aggressionsbotschaften fragwürdiger Vorbilder besonders ins Bewusstsein gerückt und auch als ein Problem erkannt worden, an was wir uns offensichtlich längst gewöhnt haben“, heißt es in einer Mitteilung vom Mittwoch.

Es wäre für die Überlebenden des Konzentrationslagers dennoch „ganz falsch“, die Debatte ausschließlich auf den Musikpreis Echo zu beziehen. „Wo reagiert die Gesellschaft, die Medienindustrie, wo schlafen die juristisch Verantwortlichen, die entsprechenden Prüfstellen?“

Kurdische Gemeinde fordert geschlossenen Rücktritt

Der Generalsekretär der Kurdischen Gemeinde Deutschlands, Cahit Başar, forderte den Echo-Beirat geschlossen zum Rücktritt auf. „Antisemitismus fällt nicht in den Bereich künstlerischer Freiheit.“ Weder die Rapper noch die Organisatoren des Echos hätten einen Funken Empathie für das millionenfache Leid des europäischen Judentums bewiesen. „Für integre Künstler ist der Echo gestorben.“

Rapper Farid Bang hatte sich Anfang April nach Bekanntwerden der Kritik auf seiner Facebookseite für mögliche Verletzungen entschuldigt. Kollegah und er würden sich von „jeglicher Form des Antisemitismus oder Hass gegen Minderheiten“ distanzieren. Kollegah erklärte Ende März, jüdische Fans hätten ab sofort auf Lebenszeit freien Eintritt zu jedem Konzert des Duos.

Landet das Erfolgsalbum auf dem Index?

Ob das Album wie vorige aus Jugendschutzgründen auf den Index kommt, ist nach Angaben der Bundesprüfstelle in Bonn noch offen. Wenn ein Album indiziert ist, bedeutet das Einschränkungen in der Werbung und im Vertrieb. Es darf dann beispielsweise nicht offen im Verkaufsregal stehen. Mit einer Entscheidung zur aktuellen Platte von Kollegah und Farid Bang wird Ende Juni gerechnet.

Zum älteren Album „Jung Brutal Gutaussehend 2“ schrieb die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien im Jahr 2014: „Das Gremium stufte Inhalte der CD als jugendgefährdend ein, weil sie verrohend wirken, zu Gewalttätigkeiten anreizen und Frauen und Homosexuelle diskriminieren.“ (dpa)

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