"The answer is blowing in the wind", singt Bob Dylan, und ähnlich verhält es sich in Toshio Hosokawas Kurzoper "Futari Shizuka - The Maiden from the Sea", die kurz nach ihrer Pariser Uraufführung jetzt - durch das Ensemble intercontemporain unter Matthias Pintscher - ihre halbszenische deutsche Erstaufführung in der Philharmonie erlebte. Es ist modernes japanisches No-Theater für zwei Darstellerinnen - einen Sopran, hier gesungen von Kerstin Avemo, und einer No-Theaterschauspielerin, hier realisiert von Ryoko Aoki -, das von der Frage aller Fragen "Woher komme ich? Wohin gehe ich?" ausgeht und dorthin auch zurückkehrt. Zugespielt wird jeweils - nein, nicht Windes-, aber semantisch ähnlich disponiertes Meeresrauschen. Dazwischen sind die Frauen - Helen und Shizu - eins geworden im Zuge der reflexiven Bewältigung einer existenziellen Katastrophe mit Flucht und Tod. Hosokawa übersetzt all dies in größte emotionale Spannung - die Enden der vokalen Linien bäumen sich immer wieder in einer Verzweiflungsgeste auf.

Großartig-intensive Darsteller

Großartig intensiv agiert das Darstellerpaar - und, jenseits bloßer technischer Perfektion, das von Pintscher hochkonzentriert-souverän dirigierte Ensemble intercontemporain. Diese körperhafte Tonsinnlichkeit, dieser untrügliche Sinn für Valeurs und Spielweisen, für Auseinandertreten und Verschmelzung, für Attacke und Zurücknahme - eine bessere Interpretation kann sich diese Musik nicht wünschen.

Vielversprechend war auch die erste Hälfte gewesen, die die zweite sinnfällig vorbereitete - sei es, dass Toru Takemitsu, der Komponist von "Archipelago S." (1993), wie Hosokawa Japaner ist; sei es, dass der Tscheche Ondrej Adámek, der Verfasser von "Noise" (2009), einen Hybrid aus westeuropäischer Avantgarde und No-Theater-Gesten hinstellt. Aber während Takemitsu eine klanglich exquisit-wollüstige Wohlfühlmusik auf der Spur von Debussys Impressionismus präsentiert, wartet Adámek mit brutalen Schockeffekten auf. So oder so ein erlebnisvoller und auch thematisch gut durchgestylter Abend. (MaS)