Neue WDR-„Quarks“-Moderatorin„Wissenschaftlicher Spirit würde uns gut tun“

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Mai Thi Nguyen-Kim unterstützt das „Quarks“-Team um Ranga Yogeshwar und Ralph Caspers

Mai Thi Nguyen-Kim unterstützt das „Quarks“-Team um Ranga Yogeshwar und Ralph Caspers

Frau Nguyen-Kim, Sie werden ab dem 1. Mai Moderatorin bei „Quarks“. Sie sind promovierte Chemikerin, bei welchen Themen werden Sie sich auch inhaltlich selbst in die Recherche der Beiträge einbringen?

Immer wenn es irgendwie mit Chemie zu tun hat, und das ist bei vielen Themen so, zum Beispiel bei medizinischen. Aber ich bin nicht drauf eingeschossen, ich lese mich auch sehr gerne in andere Fachbereiche ein. So ähnlich mache ich das ja auch bei meinen Youtube Kanälen. Ich war jetzt schon einmal im „Quarks“-Studio. Da lief es auch so. Ich habe mir das Drehbuch angesehen und hatte direkt ein paar Ideen, was man noch zusätzlich machen könnte.

Wieso sollte man überhaupt „Quarks“ gucken?

Für mich ist „Quarks“ die Wissenschaftssendung. Im Fernsehen gibt es nicht so viel zum Thema Wissenschaft, was man sich wirklich gut angucken kann, und wo man sich auch darauf verlassen kann, dass es gut recherchiert ist. Hinter einer Sendung, die 45 Minuten dauert, und die man gut runtergucken kann, steckt so viel Mühe. Alles, was der Zuschauer mitbringen muss, ist ein bisschen Interesse. Es ist alles so aufgearbeitet, dass es einerseits verständlich ist, andererseits wissenschaftlich korrekt. Es geht dabei nicht nur darum, dass Wissenschaft und Technik Lösungen für die Probleme der Welt haben, das ist vielen schon bewusst. Und man kann ja auch sagen: „Ist ja schön, dass die mein Handy so erfunden haben aber mir reicht es, wenn ich das benutze.“

Aber worum geht es Ihnen dann?

Ich finde, dass ein wissenschaftlicher Spirit, ein wissenschaftlicher Geist unserer Gesellschaft sehr gut tun würde, denn mit dem Internet hat sich auch unsere Diskussionskultur gewandelt: Vieles ist jetzt unglaublich emotional getrieben und auch „Fake News“ sind ein Stichwort. Es geht nicht nur darum, Sachverhalte zu erklären, die unglaublich relevant sind für jeden von uns, sondern auch zu erklären wie man überhaupt an Fakten kommt. Was macht Fakten aus? Wie wurde dies und jenes herausgefunden? So ein Blick würde jeder politischen Debatte meiner Meinung nach sehr gut tun.

Die Influencerin

Mai Thi Nguyen-Kim betreibt den Youtube-Kanal „Mailab“, auf dem sie in etwa zehn-minütigen Videos verschiedene Phänomene wissenschaftlich erklärt und aufbereitet. Der Kanal der promovierten Chemikerin hat mehr als 68 000 Abonnenten. Sie ist nominiert für einen Grimme-Online-Award.

Die 30-Jährige wird in diesem Jahr voraussichtlich vier Folgen von „Quarks“ moderieren, ihr erster Auftritt mit dem Titel „Endlich Mai“ ist an diesem Dienstag, 21 Uhr, im WDR zu sehen. (pic)

Wieso machen Sie den Schritt von Youtube ins Fernsehen? Der Trend bei den jüngeren Zuschauern geht ja eher in die andere Richtung.

Bei Youtube sind die Leute zur Unterhaltung. Aber trotz des hohen Durchschnittsalters der Fernsehzuschauer glaube ich schon, dass auch viele junge Leute Fernsehinhalte zum Beispiel streamen. Vor allem, wenn sie verlässliche Informationen haben möchten. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk hat auch bei jungen Leuten einen hohen Stellenwert und ein gutes Image.

Wo liegen denn die Vorteile einer klassischen Fernsehsendung?

Es ist schon etwas anderes, ob eine Einzelperson Zuhause einen Youtube Kanal macht, oder ob eine Redaktion mit ausgebildeten Wissenschaftsjournalisten ein Thema mit großer Kenntnis und Genauigkeit recherchiert – wobei ich als Wissenschaftlerin genau das auch auf Youtube versuche. Ich find es gut, dass ich auf beiden Seiten bin. Bei Youtube versuche ich, den Bildungsaspekt reinzubringen. Jede Plattform hat Vor- und Nachteile. Bei „Quarks“ ist der Vorteil ganz klar, dass man 45 Minuten zu einem Thema hat und inhaltlich in die Tiefe gehen kann. Sowas geht auf Youtube nicht.

Was ist Ihre Lieblingsanekdote aus dem Youtube-Leben?

Ein Doktorand aus Potsdam hat mir mal eine Nachricht geschrieben, dass er aus Jux eine Studie macht, ob die Höhe des Bauchnabels zusammenhängt mit der Körpergröße. Und er hat Studienteilnehmer rekrutiert und gefragt, ob ich mitmachen möchte. Ich fand das so witzig und so nerdig. Ich hab dann ein Video drüber gemacht. Das ging total steil, wir haben innerhalb kurzer Zeit 1000 Leute gefunden, die mitmachen wollten. Noch heute kommentieren mir Menschen ihre Maße. Das ist genau das, was ich mit Interaktivität bei Youtube meine.

Was braucht man, um auf der Videoplattform erfolgreich zu sein?

Ich habe erst sehr spät angefangen, als Hobby neben der Doktorarbeit, das war für mich persönlich gut. Das wollte ich nur für mich machen, meiner Leidenschaft nachgehen, ohne Druck ganz viele Abonnenten zu bekommen. Ich hab auch nicht viel drüber nachgedacht, was andere Leute denken. Das kann sehr ungesund sein. Es wird ja immer schwieriger auf Youtube sichtbar, also erfolgreich zu werden. Jeden Tag werden mehr Videos hochgeladen. Wenn man da mit einem zu großen Ehrgeiz rangeht, was die Zahlen angeht, ist das nicht gut. Man muss seine Nische finden, und der Auftritt muss zu dir als Creator passen. Die Zuschauer merken sofort, ob etwas authentisch ist oder nicht.

Was sind Ihre weiteren Karriere-Pläne?

Ich hab keine konkreten Pläne, ich versuche einfach mit offenen Augen und Ohren durch die Welt zu gehen. Vor zwei Jahren hätte ich niemals gedacht, dass ich mal aus der Forschung rausgehen würde. Und jetzt bin ich so glücklich damit. Es erfüllt mich total, das hätte ich gar nicht so auf dem Schirm gehabt. Erstmal bin ich dabei, alles unter einen Hut zu bekommen, da mach ich keine größeren Pläne, sondern versuche das learning der letzten Jahre mitzunehmen.

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