Neuer Kölner OpernintendantWas man von Hein Mulders erwarten kann

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Hein Mulders

Köln – Köln hat einen neuen Opernintendanten. Es ist der 58 Jahre alte Niederländer Hein Mulders, der seit der Spielzeit 2013/14 als Nachfolger von Stefan Soltesz das Aalto-Theater und in Personalunion die Philharmonie in Essen leitet.

Nachdem sich die von ihr eingesetzte Findungskommission für Mulders ausgesprochen hatte, unterbreitete Kölns Oberbürgermeisterin Henriette Reker am Montag dem Hauptausschuss des Kölner Rats den entsprechenden Vorschlag, dem das Gremium am Montagabend einstimmig zustimmte.

Mit der Saison 2022/23 wird Mulders am Kölner Haus Nachfolger von Birgit Meyer, deren Vertrag das Stadtoberhaupt nicht mehr hatte verlängern wollen. „Ich freue mich“, ließ Reker in einer Pressemitteilung verlauten, „Hein Mulders als jemanden vorschlagen zu können, der aus Sicht der Kommission und auch aus meiner Sicht ganz hervorragend zu uns nach Köln passt. Hein Mulders bringt internationale Erfahrung ebenso mit wie profunde Kenntnisse der Opernwelt sowie der Kulturlandschaft in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland. Er ist also bestens vorbereitet, kann das Opern-Interim im Staatenhaus beenden, mit ausreichend Vorlauf die Wiedereröffnung am Offenbachplatz zur Spielzeit 2024/25 planen und die Oper Köln international als herausragendes Haus positionieren.“

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Mulders studierte Kunstgeschichte 

Mulders, in Bussum geboren, studierte Kunstgeschichte in Paris sowie Archäologie, Italienisch, Musikwissenschaft und Kunstgeschichte in Amsterdam. Seine berufliche Tätigkeit begann er als fünf Jahre lang amtierender Orchestermanager des niederländischen nationalen Jugendorchesters in Amsterdam.

Im Anschluss war er elf Jahre Casting-Direktor der Flämischen Oper in Antwerpen. Danach übernahm er die künstlerische Leitung der Nederlandse Opera Amsterdam.

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Birgit Meyer

Wie seine Vorgängerin Birgit Meyer, aber anders als Vorvorgänger Uwe-Eric Laufenberg ist Mulders kein inszenierender Intendant. Er hat aber Repertoire-Vorlieben, die er freilich in Essen immer auch mit seinem „Spannmann“ umsetzt, dem von ihm berufenen aus Tschechien stammenden Generalmusikdirektor Tomáš Netopil.

Dies hatte eine Schwerpunktsetzung bei Mozart zur Folge – einem erklärten Liebling von Mulders – und slawischen Opernkomponisten. In einer Videobotschaft zu Beginn dieses Jahres wandte er sich an sein Essener Publikum mit folgender Aussicht auf das geplante Nach-Lockdown-Programm: „In der Oper planen wir für Sie die Premieren von Leoncavallos «Bajazzo» und Purcells «Dido and Aeneas». In der Philharmonie freuen wir uns, endlich unseren Residenz-Künstler Sir Antonio Pappano mit seinem Orchester aus Rom sowie unseren Porträt-Künstler, den Pianisten Igor Levit, zu präsentieren.“

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In einem Interview mit dem Magazin „kultur. west“ nach seinem „Weg zur Musik“ gefragt, gab Mulders anlässlich seiner Berufung nach Essen diese Auskunft: „Ich habe schon als Kind die Musik und das Klavier geliebt. Das Klavierstudium dauerte allerdings nur ein Jahr – dann wurde mir klar, dass man das monoman machen muss, um über den Durchschnitt hinauszuwachsen. Immerhin: Es hat mein Herz geöffnet für die Musik. Und dann kam die Leidenschaft für Oper. In meinen Jahren als Betriebsdirektor an der Flämischen Oper in Antwerpen und in Amsterdam haben die Leute schon gesagt: Du wirst bestimmt Intendant. Ich habe mich auf der zweiten Position eigentlich ganz wohl gefühlt, aber nach 18 Jahren Oper kommt man doch an den Punkt: Jetzt wäre es schön, auch selbst mal was zu machen. Dann kam ein Anruf aus Essen, und alles ging ganz schnell.“

Gegner des Repertoire-Theaters

In Essen ging Mulders der Ruf voraus, ein Gegner des Repertoire-Theaters zu sein – eine Einschätzung, die er allerdings zurückweist: „Es heißt immer, dass jetzt der Stagione-Mann kommt, aber das stimmt nicht. Das System funktioniert hier bestens, warum sollte ich etwas daran ändern? Meine Abneigung gegen das Repertoiresystem richtet sich nur gegen schlechte, ungeprobte Vorstellungen, in denen irgendwelche Gastsänger auf die Bühne geworfen wurden. Aber das ist hier nicht der Fall.“

Ein (selbstredend nicht repräsentative) Umfrage unter regelmäßigen Beobachtern des Betriebs am Aalto-Theater ergibt ein „mehrfarbiges“ Bild des prospektiven Kölner Opernintendanten: Positiv hervorgehoben werden seine „pragmatischen Macher-Qualitäten“ und seine „sympathische Umgänglichkeit“.

Gut vernetzt

Eine „sichere Bank“ nennt ihn lapidar eine Kritikerkollegin. Als „gut vernetztem Organisator“ gelinge es ihm immer wieder , internationale Produktionen (etwa Robert Carsens „Jenufa“) nach Essen zu holen – was Besuchern des Aalto Regie-Highlights beschert habe, die als Eigenleistungen des Hauses allein finanziell sonst nicht möglich gewesen wären.

Skeptiker akzentuieren hingegen die Schattenseiten dieser Internationalität: Sie habe auch zum Profilverlust am Ort geführt, Essen sei darüber zur „Zweitverwertungsstätte“ geworden. Insofern sei die Ära Mulders nach der spektakulären Ära Soltesz sogar mit einem Abstieg verbunden gewesen.

Mulders mache, so ist zu hören, einen „guten, professionellen Intendantenjob“, „ästhetische Innovationen“ oder eine „prägende Handschrift“ seien von ihm weniger zu erwarten. Wie auch immer, in Köln erwarten Hein Mulders, dessen Berufung am Montag von den Ratsfraktionen einhellig begrüßt wurde und der sich an diesem Dienstag der Presse vorstellen will, extrem harte und fordernde Zeiten.

Unvertraut mit den Verhältnissen in der Ausweichspielstätte Staatenhaus, muss er sogleich – neben seinem Essener Job – mit der Vorbereitung der Spielzeit 2022/23 beginnen. Angesichts des in diesem Metier üblichen Planungsvorlaufs ist die Zeit dafür knapp genug.

Generalmusikdirektor François-Xavier Roth beauftragte bereits, offensichtlich nervös geworden, Martina Franck, die frühere künstlerische Betriebsdirektorin der Kölner Oper, hinsichtlich der drei von ihm selbst in der Saison 2022/23 dirigierten Produktionen mit der Zusammenstellung von Regieteams und der Akquise von Sängern (wir berichteten).

Berufung setzt Unruhe ein Ende

Immerhin dürfte mit Mulders’ Berufung ein Stück weit jene „Zukunftsunruhe“ ein Ende haben, die sich in den vergangenen Monaten bei den Mitarbeitern der Oper verbreitet und sogar einen vor Ostern abgeschickten „Beschwichtigungsbrief“ der Oberbürgermeisterin an diese veranlasst hatte.

Schließlich die Neueröffnung des Riphahn-Baus am Offenbachplatz, deren genauer Zeitpunkt nach wie vor in den Sternen steht. Wird sie 2024, 2025, 2026 stattfinden? Dabei wird von Mulders wird nicht weniger erwartet, als dass er die Kölner Oper damit sogleich unter den ersten deutschen Häusern etabliert. Dabei könnte ihm freilich nutzen, was ihm als Ruf vorauseilt: dass er gut und effizient mit Geld umzugehen vermag.

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