Promis rufen zur lit.Cologne-Rettung auf„Karten lassen sich hamstern“

Lesezeit 5 Minuten
digas-159894075_MDS-BEZ-2018-10-12-71-138892112

Auch Anke Engelke (l.) und Maria Schrader unterstützen die lit.Cologne.

Köln – An diesem Samstag wäre die lit.Cologne traditionell mit einer großen Party im Schokoladenmuseum zu Ende gegangen. Es kam, wie wir alle wissen, anders. Europas größtes Literaturfestival musste aufgrund der Coronakrise abgesagt werden.

Und diese Woche folgte der nächste Rückschlag. Die Thalia Bücher GmbH steigt als Hauptsponsor und Buchhandelspartner des Literaturfestivals lit.Cologne ab 2021 aus. Mit 100.000 Euro unterstütze sie das Festival im Jahr.

Das Literaturfestival ist ein privatwirtschaftliches Unternehmen und finanziert sich ausschließlich über Eintrittsgelder und die Unterstützung durch Sponsoren und Förderern. Schmerzhaft nannte lit.Cologne-Geschäftsführer Rainer Osnowski die Entscheidung daher.

Alles zum Thema Wolfgang Niedecken

Für das Lesefest geht es nun ums Überleben. Und am Montag, 23. März, steht ein weiteres wichtiges Datum an. Ab diesem Tag können Ticketbesitzer diese zurückgeben. Die Macher hoffen allerdings darauf, dass möglichst viele Käufer diesen Schritt nicht gehen und auf diese Weise das Festival unterstützen. Und sie erleben eine große Solidarität.

Zahlreiche prominente Weggefährten und Freunde der lit.Cologne haben im „Kölner Stadt-Anzeiger“ und in anderen Zeitungen an diesem Samstag eine Anzeige geschaltet. Darin rufen sie Ticketbesitzer auf, ihre Eintrittskarten zu behalten, um damit beizutragen, „dass dieses großartige Kulturereignis in Köln weiterlebt“, wie es in der Anzeige heißt. „Gemeinsam können wir das Festival retten. Wir lieben die lit.Cologne und sind dazu bereit. Danke für Ihre Unterstützung. Und bitte bleiben Sie gesund!“, endet der Appell. Zu den Unterzeichnerinnen und Unterzeichnern gehören viele deutsche und internationale Autorinnen und Autoren, Schauspielerinnen und Schauspieler.

Einige der Unterzeichnerinnen und Unterzeichner – und andere prominente Fans des Festivals – haben in Statements zusammengefasst, was ihnen die lit.Cologne bedeutet.

Nick Hornby, Schriftsteller:

Die lit.Cologne ist ein fröhliches, lebendiges, fantastisch gut organisiertes und besuchtes Festival. Und jeder Autor, der schon einmal eingeladen war, will, dass sie überlebt und gedeiht.

Anke Engelke, Schauspielerin:

„Natürlich spreche ich mit mir selbst. Ich mag einen guten Redner, und ich schätze ein intelligentes Publikum.“ Naja, geliebte Dorothy Parker. Sie kennen die lit.Cologne nicht, weil Sie leider nicht 110 geworden sind. Und deshalb rufe ich Ihnen zu, wahrscheinlich mit vielen Hundert Zuhörerinnen und Zuhörern und Erzählerinnen und Erzählern: Das kollektive Zuhören! Die Zusammenkunft von Leserinnen und Lesern! Das von-Anderen-Vorgelesen-Bekommen! Ich vermisse Dorothy Parker. Und die lit.Cologne muss bleiben!

T.C. Boyle, Schriftsteller:

Das Schwierigste in Zeiten der Pandemie ist es, die sozialen und kulturellen Interaktionen aufzugeben, die unser Menschsein ausmachen. Die lit.Cologne wird zurückkommen, keine Angst, so wie all die anderen notwendigen Dinge unseres Lebens. Lasst uns alle Geduld üben und den Tag vorausahnen, wenn alle Festivals und all unsere Freude zu uns zurückkehren, so dass wir sie noch mehr wertschätzen.

Carolin Emcke, Autorin, Publizistin, Philosophin:

Die lit.Cologne ist ein einzigartiges Festival, weil ich kein anderes Programm kenne, bei dem es diese Freude, diese Lust an Literatur gibt. Ich bin den Menschen, die dieses Festival geschaffen haben, unendlich dankbar, weil sie uns Autorinnen und Autoren so lange begleiten, weil sie treu sind, kritisch, enthusiastisch, weil sie uns anstiften, aber auch weil sie uns mal etwas ausprobieren lassen: andere Formate, andere Arten des Gesprächs, der Lesung, der Begegnung. Ich bin jedes Jahr, jeden Abend bei der lit.Cologne beschenkt worden - und ich hoffe, ich kann etwas davon zurückgeben.

Uwe Timm, Schriftsteller:

Die lit.Cologne ist eine extrem wichtige literarische Veranstaltungsreihe, in der ein intensiver, lebendiger Austausch zwischen Lesern und Autoren möglich ist, und die Stadt Köln und deren Umgebung in ein regelrechtes Lesefieber versetzt. Die literarischen Gespräche, die ich dort während und nach den Lesungen führen konnte, waren jedes Mal auch für mich ein Gewinn. Ich wünsche mir, dass die lit.Cologne als ähnlich systemrelevant angesehen wird wie die Banken. Das heißt, es muss etwas getan werden, durchaus auch finanziell, damit dieses großartige Literaturfest auch weiterhin stattfinden kann.

Peter Wohlleben, Förster und Autor:

1. Der Mensch braucht mehr als Klopapier und Nudeln: Mein geistiges Grundnahrungsmittel ist die lit.Cologne; Karten lassen sich übrigens schon jetzt für den Herbst hamstern.

2. Die lit.Cologne ist ein Stück kulturelle Heimat für mich, die es jetzt unbedingt zu unterstützen gilt.

Maria Schrader, Schauspielerin, und Regisseurin:

Seit 20 Jahren bereichert uns die lit.Cologne Frühling um Frühling mit einzigartigen Programmen und Begegnungen. Für mich ist das Schönste an ihr das gemeinsame Erlebnis, ob als Zuhörende oder als Vorlesende. Die lit.Cologne ist Elixier für Geist und Herz. Und jetzt können wir gemeinsam helfen, dass sie uns erhalten bleibt. Bitte geben Sie Ihre Karten nicht zurück. Verabreden wir uns lieber für später! Nach Corona um halb sechs? Im Herbst? Ich würde mich freuen!

Wolfgang Niedecken, Musiker, Autor, Maler:

Ich hoffe, dass allen bewusst ist, was wir an der lit.Cologne haben: Die Überzeugungstäter um Rainer Osnowski haben es geschafft, auf privatwirtschaftlicher Basis das bedeutendste Literaturfestival Europas auf die Beine zu stellen und zu etablieren. Wir dürfen dieses Team nicht im Regen stehen lassen. Die lit.Cologne darf auf gar keinen Fall zum Kollateralschaden der Corona-Pandemie werden.

Claudia Michelsen, Schauspielerin:

Die lit.Cologne ist für mich jedes Jahr, wie "nach Hause kommen", nach Hause kommen und mit dem wunderbarsten, großartigsten Publikum eintauchen in die Schätze der Weltliteratur. Wie wertvoll für uns Alle. Bitte lasst uns das gemeinsam erhalten.

Sven Regener, Musiker, Schriftsteller, Autor:

Die lit.Cologne ist eine ganz feine Sache, sie ist so einzigartig wie die Stadt Köln, zu der sie gehört wie der Dom und der WDR.

Ulrich Noethen, Schauspieler:

„Liebe Freunde von der lit.Cologne, dass ihr mit Eurer Arbeit, die so sehr vom Publikum gemocht und angenommen wird, die so vielen Autoren und Künstlern ein Forum bietet, nicht weitermachen könnt - das ist ein schwer zu fassender Gedanke, das darf nicht wahr werden. Ich möchte Euch gerne unterstützen und Euch helfen.

Liebe Besucher, liebe Freunde der lit.Cologne, helft bitte mit, dass dieses Festival weiter für Euch da sein kann. Was ginge da sonst verloren! Wenn viele ein Weniges beitragen - jeder was er kann -, dann schaffen wir das. Als Gemeinschaft.“

Saša Stanišić, Schriftsteller:

lit.Cologne ist Kunst, ist Unterhaltung, ist Debatte, ist Humor, ist Wahnsinn, ist noch eins trinken in der Schokoladenfabrik, ist Bühne, ist Literatur, ist weise, ist weitgereist, ist Wirkung, Nachwirkung und Auswirkung, ist laut, leise, ist wichtig, ist klar, ist da – und soll es bleiben.

KStA abonnieren