Schwache PremiereJan Hofer und „RTL Direkt“ werden von der Aktualität überrollt

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Jan Hofer moderiert die neue Sendung "RTL Direkt".

Berlin – Eine der größten Herausforderungen für Nachrichten-Formate ist die Unberechenbarkeit ihrer Inhalte. Klar, manche Themen sind gesetzt, aber das Geschehen in der Welt richtet sich eben nicht nach mühsam gemachten Plänen. Und wenn dann etwas Unvorhergesehenes passiert, muss man reagieren.

Bei RTL konnte man am späten Montagabend bestaunen, was passiert, wenn eine Nachrichtensendung von der Aktualität überrollt wird und nicht angemessen reagiert. Mit viel Selbstbewusstsein hatte der Kölner Privatsender sein neues Format „RTL direkt“ beworben. Konkurrenz zu den „Tagesthemen“ soll es sein, der öffentlich-rechtlichen Konkurrenz in deren Kernkompetenz die Stirn bieten. 

Jan Hofer wirkte nervös

Geklappt hat das zum Auftakt leider so gar nicht. Denn weil der frühere „Tagesschau“-Sprecher Jan Hofer nun mal in seiner ersten Sendung Annalena Baerbock im Studio zu Gast hatte, wurde das Thema des Tages – die katastrophale Lage in Afghanistan – nur sehr pflichtschuldig abgehandelt. 

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Man sah dem ohnehin sehr nervös wirkenden Hofer an, dass es ihm gar nicht passte, vom vorbereiteten Plan abzuweichen. Seine Einleitung, man müsse mit Afghanistan in die Sendung einsteigen, klang schon fast wie ein Seufzer und eine Ermahnung an sich selbst. Zudem offenbarte sich, dass es eben ein großer Unterschied ist, ob man Nachrichten verliest oder Politiker befragen soll.

Hofer verhaspelte sich mehrfach, fragte nur scheinbar hart nach, ließ sich immer wieder von Baerbock, die auch keine besonders gute Figur machte, mit Sätzen aus dem Baukasten für ausweichende Politikerantworten abspeisen. Was würde Baerbock in dieser Situation tun, wäre sie Kanzlerin? Antwort: Die Menschen schnell da rausholen. 

Eine wilde Mischung

Nach einem kurzen Nachrichtenblock – Impfen, Flutwelle in Höllentalklamm, Klimaproteste, Beginn der Briefwahl – kam es dann zum von RTL vorbereiteten Thema: „Wie grün wird Deutschland? Und was kostet uns das?“

In typischer „Stern TV“-Manier wurde eine fünfköpfige Familie beim Einkauf im Supermarkt und im Biomarkt begleitet. Und, Sie ahnen es kaum, der Einkauf im Biomarkt war teurer. Gute Lebensmittel für alle will Baerbock, wie sie im Anschluss sagte, unter anderem durch die Anhebung des Mindestlohns erreichen. So richtig erhellend war das auch nicht.

Dann wurden noch zwei vorbereitete Zuschauerfragen eingespielt und zum Schluss gab es einen kurzen Einspieler des Comedians Abdelkarim, um das Publikum, wie Hofer sagte, mit einem Lächeln zu entlassen. 

Eigene Themen und Schwerpunkte setzen zu wollen, ist sicherlich eine gute Idee. Aber diese wilde Mischung in „RTL direkt“ aus Nachrichten, Politik-Talk, „Stern TV“ und Comedy-Sendung – eingezwängt zwischen „Bauer sucht Frau“ und dem Wochenmagazin „extra“ – konnte zumindest zum Auftakt nicht überzeugen.

Und auch Jan Hofer wird sich deutlich steigern müssen, wenn er die ehemaligen Kollegen in der ARD nervös machen will. Die werden sich nach der Premiere von „RTL direkt“ auf jeden Fall erstmal entspannt zurückgelehnt haben.

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