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Sex und ProvokationWas macht das Barbie-Buch „Bitch Bibel“ in der Bestseller-Liste?

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Bitch Bibel wird sehr prominent beworben und hat es in die Bestseller-Listen geschafft.

  • In der Sonntagspredigt wird man Schlachtrufe wie „Niemand stirbt keusch, das Leben fickt alle!“ wohl eher nicht finden.
  • Jede Menge davon findet man in dem neuen Buch „Bitch Bibel“, das es sogar in die Spiegel-Bestseller-Liste geschafft hat. Hilfe?
  • Wir haben das Buch mal tapfer durchgeblättert.

Es gibt ja Menschen, die anscheinend prominent genug sind, dass es sich für Verlage lohnt, sie eine Autobiografie schreiben zu lassen (meist mit Unterstützung) – von denen man selbst allerdings noch nie gehört hatte. So erging es mir auch mit Katja Krasavice und ihrem Buch „Bitch Bibel“, das es zwischenzeitlich auf Platz 2 der Spiegel-Bestsellerliste geschafft hatte. Mir war die Blondine, die auch bei „Promi Big Brother“ zu sehen war, nur aus einem Satire-Video von Oliver Kalkofe bekannt.

Inzwischen habe ich gelernt, dass sie als Youtuberin und Musikerin unterwegs ist. Ihr erstes Album „Bo$$ Bitch“ stand auf Platz 1 der deutschen Charts und mit 2,4 Millionen Followern bei Instagram ist sie dort eine echte Größe. Ihr Auftreten erinnert ein bisschen an Daniela Katzenberger – nur mit Altersbeschränkung. Die gebürtige Tschechin liebt knappe Kleider, hohe Schuhe, viel Make-up und sehr blondes Haar. In ihren Songs geht es eigentlich immer nur um das Eine. Text-Perlen wie „Komm ich reit dich wie beim Rodeo“ oder „Aber komm nicht zu früh, denn sonst verpasst du das ganze Menü“ lassen wenig Raum für Interpretationen.

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Ihr Erfolg gründet sich also auf Sex und Provokation. Und das wollen die Fans dann natürlich auch in ihrer „Bitch Bibel“ wiederfinden, die sie mit Johanna Völkel verfasste. Sie werden nicht enttäuscht. Und weil eine Bibel ja auch ein paar Gebote braucht, sind die Kapitel so überschrieben. In der Sonntagspredigt wird man Schlachtrufe wie „Niemand stirbt keusch, das Leben fickt alle!“ allerdings wohl eher nicht finden. So ist die „Bitch Bibel“ im Ton exakt so, wie man es vermutet hätte. Provokant bis ordinär. Da verpasst das Buch eine Chance, weil die Geschichte von Katja Krasavice tatsächlich interessant ist. Irgendwo im tschechischen Grenzgebiet geboren, wächst sie in Deutschland auf, die Mutter putzt und schlägt sich mühsam durch. Zwei Halbbrüder sterben jung, einer an Krebs, der andere nimmt sich das Leben. Der Vater trinkt und vergeht sich an ihren minderjährigen Freundinnen. In der Schule hat sie es nicht leicht, weil ihr Barbie-Look nicht gut ankommt, im Internet findet sie schließlich ihre Welt und Anerkennung.

Nun will sie die „Trennung zwischen Selbstbestimmtheit und Barbie“ aufheben und sagt, sie wolle das patriarchale System überwinden. Sie hat zweifellos recht, jede Frau soll sich so kleiden und so viel Sex haben, wie sie will. Doch bei Krasavice wirkt die Selbstbestimmtheit immer auch wie eine Flucht. Und das ist schade.  

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