Sitzung des WDR-Rundfunkrats in KölnInhaltliches Kreisen um sich selbst

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Jörg Schönenborn

Jörg Schönenborn

Köln – Der ein oder andere, der am Dienstagvormittag ins Impfzentrum in der Kölnmesse in Deutz unterwegs war, wird sich wohl gefragt haben, was es mit den Leuten auf sich hatte, die da vor dem Eingang Schilder hochhielten, auf denen „Free Georg Thiel“ stand. Mit Corona-Impfungen hat die kleine Demonstration allerdings nichts zu tun, vielmehr sollten hier der Rundfunkrat des WDR und die Geschäftsleitung des Hauses, die sich in der Messe zu einer Sondersitzung und ihrer regulären Zusammenkunft trafen, mit dem Schicksal eines Mannes konfrontiert werden, der seit Monaten im Gefängnis sitzt, weil er seinen Rundfunkbeitrag nicht zahlt.

Eindruck auf das Gremium machte der versprengte Haufen jedoch so gar nicht, wie der Vorsitzende Andreas Meyer-Lauber zu Beginn der Sondersitzung zu Protokoll gab. Man habe sich mit der Frage des Beitrags ja bereits umfassend beschäftigt. Vielmehr war man zusammengekommen, um über die Zukunft der Gestaltung des Programmauftrags zu debattieren. Und so viel vorweg – es waren denkwürdige drei Stunden, wenn auch anders, als von den Initiatoren des Treffens geplant.

Alles im Wandel

Den Anfang machte aber Jörg Schönenborn, Programmdirektor für Information, Fiktion und Unterhaltung, mit seinem Vortrag „Vom linearen Programm zum Content-Netzwerk“. Der kam zwar nicht vom Hölzchen aufs Stöckchen, aber von der 100-Watt-Glühlampe alter Tage auf moderne Leuchtmittel. Ähnlich rasant wie diese Entwicklung vollziehe sich auch der Wandel im öffentlich-rechtlichen Fernsehen: „Dieser Wandel ist tiefgründiger, bei uns verändert sich alles.“

Im Digitalen gut aufgestellt zu sein, sei überlebensentscheidend, dann ging es viel um den Ausbau der Mediatheken und die Notwendigkeit, auffindbare Angebote für die einzelnen Zielgruppen zu machen. „Wir brauchen einen vielfaltsgetriebenen öffentlich-rechtlichen Algorithmus, der dem Auftrag verpflichtet ist, zu informieren und zu bilden – einen Algorithmus, der gerade nicht dazu dient, das Publikum in Blasen zu fangen, sondern diese Blasen platzen zu lassen“, so Schönenborn.

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Im zweiten Teil der Sondersitzung ging es um ein Papier, das gut 20 Rundfunkratsmitglieder vorgelegt hatten. Doch über die einzelnen Punkte wurde nur am Rande gesprochen, weil es vielen Rundfunkmitgliedern vor allem darum zu gehen schien, zu betonen, dass man ja schon seit langem über Fragen der Strukturreform, des Programmauftrags und der Kulturberichterstattung diskutiere. „Ich bin ein wenig verärgert, weil der Eindruck erweckt wird, das seien Themen, die nicht besprochen worden sind. Das ist nicht der Fall“, sagte etwa Petra Kammerevert, Vorsitzende des Programmausschusses.

So drehte sich die Debatte sehr schnell im Kreis. Um inhaltliche Fragen ging es dann nur noch am Rande. Während die einen die Bedeutung und das Alleinstellungsmerkmal Kultur betonten, sagten andere, es dürfe beim Sparen keine Denkverbote geben. Wer gehofft hatte, dass diese Sitzung Tom Buhrow oder Jörg Schönenborn ins Schwitzen bringen würde, wurde enttäuscht. Schönenborn wurde für seinen Vortrag gelobt, Buhrow beteuerte am Ende der Sondersitzung, man werde weiterhin alle strategischen Fragen mit dem Gremium besprechen.

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