So war das Seeed-Konzert in Köln„Ihr seid definitiv unsere zweitliebste Stadt“

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Von Schwarz zu Blau: Seeed in Köln

  • Nach dem Tod von Demba Nabé musste sich die Band neu aufstellen – und hat sich mit „Bam Bam” überzeugend zurückgemeldet.
  • In der Lanxess Arena sorgten sie für ordentlich Feierlaune, ließen aber auch einige melancholische Töne zu – und sendeten Botschaften an den gestorbenen Kollegen.

Köln – Als Seeed vor vier Jahren im Palladium auftraten, bewarben sie sich gleich mal als neues Dreigestirn für Köln. Und das passte irgendwie, denn so kannte man die elfköpfige Reggae-/Dancehall-Truppe aus Berlin: Drei Mann vorne weg, die den Ton angeben. Doch seit Mai 2018 ist alles anders. Damals starb Sänger Demba Nabé, und viele Fans stellten sich die Frage, ob es eine Zukunft für die Band geben kann, die nun auch schon seit fast 20 Jahren den Deutschen eine gewisse Lässigkeit beibringt.

Am Dienstagabend gaben die verbliebenen Frontmänner Peter Fox und Frank Dellé mit ihren Kollegen in der Lanxess Arena eine eindeutige Antwort: Es geht weiter. Und zwar mit der genau richtigen Mischung aus tanzbaren Krachern und einem Hauch Melancholie. Letzterer zeigte sich schon im ersten Song des Abends, der auch das erste Lied des neuen Albums „Bam Bam“ ist. „Hektik-Mektik, Slowlife, irgendwann ist alles vorbei. Doch so sieht der Deal aus, ich würd' ihn wieder nehmen.“

Das ist eine Botschaft an den verstorbenen Kollegen. „Für Demba“ steht am Ende des Videos zu „Ticket“. Und danach sieht man ihn einige Sekunden lang tanzen – zu Beats, die er nie gehört hat. Und dennoch passt es zusammen. Die Botschaft ist eindeutig: Er ist nicht mehr da und dennoch bei uns. Und einen Gänsehautmoment widmeten sie ihm in Köln auch. „Der ist für dich, Demba“ riefen sie bei „You and I“ und die 20.000 in der ausverkauften Arena schalteten ihre Handy-Lampen und vereinzelt auch ein paar Feuerzeuge an.

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Seeed waren mit ihrem neuen Album „Bam Bam” zu Besuch in Köln

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Fox, der den zwischenzeitlich favorisierten Anzug in den Schrank gehängt hat, gelang das Kunststück, in Jogginghose, Fred-Perry-Polo und mit dicker Kette kein bisschen albern auszusehen. Muss man auch erst mal schaffen mit knapp 50. Dellé ist der Krawatte treu geblieben, was aber in Kombination mit seinen Dreadlocks auch ziemlich lässig wirkte. Die Choreografien waren so, wie man sie von Seeed kennt. Locker-leichte Schrittfolgen und zwischendrin ein Hauch von Gangnam-Style.

Zusammenarbeit mit Rapperin Nura

Sieben Jahre hat sich die Band Zeit gelassen für ihr neues Album „Bam Bam“. Und da ist alles beim Alten und doch manches neu. Jeder Song klingt zwar auf seine Weise nach Seeed – meist mit satten Bläser-Einlagen und treibenden Grooves; „Lass sie gehn“ oder „Geld“ sind typische Beispiele. Aber einige musikalische Neuentdeckungen gibt es auch. Mit der Rapperin Nura haben sie „Sie ist geladen“ aufgenommen – das Ganze kommt deutlich rockiger daher und beschert dem Gitarristen in Köln sogar ein Solo. Für „Lass das Licht an“ kommt Porky von Deichkind auf die Bühne.

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Aber es finden sich auch ungewohnt leise und ernste Töne auf dem neuen Album und während des Konzerts. Einen so ausdrücklich politischen Song wie „Komm in mein Haus“ haben Seeed bislang noch nicht geschrieben. „Egal, woher du kommst, an welchen Gott du glaubst“, singen Peter Fox und Frank Dellé „Öffne dein Herz, mach die Augen auf – komm in mein Haus.“ Das mag vielleicht ein bisschen naiv klingen, aber in diesen Zeiten muss man vielleicht manchmal auch einfach Sachen sagen, die eigentlich selbstverständlich sein sollten. Ansonsten gab es in der Lanxess Arena aber vor allem viele Gelegenheiten zum Tanzen, die das Publikum besonders bei Klassikern wie „Augenbling“, „Schwinger“ und „Schüttel deinen Speck“ ergriff. Die Zugabe „Dickes B“ startete in der Originalfassung, und tobte sich dann als Seeed-Version von Justin Timberlakes „SexyBack“ aus.

Die Kölner hatten Seeed zwar sowieso von Anfang an im Griff, aber Peter Fox legte noch einen drauf: „Ihr seid definitiv unsere zweitliebste Stadt, wenn es um Konzerte geht. Direkt nach Berlin.“ Das hörte das Publikum gerne. Und Zeilen wie „Du bist nicht schön und das weißt du auch. Dein Panorama versaut. Siehst nicht mal schön von weitem aus“ aus dem Berlin-Song „Schwarz zu blau“ wird wohl auch jeder Kölner direkt unterschreiben. „Das ist mit Geld nicht zu bezahlen“, sagte Dellé am Ende beseelt. Die Verbindung Berlin-Köln steht.

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