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Soldat in geheimer Kampfmission

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Hey, hier kommt Franco! Vorhang auf für ein kleines bisschen Horrorshow. Janosch Roloff hat als Regisseur des nö-theaters mit politischen Aufklärungsstücken wie „V wie Verfassungsschutz“ oder „Inside AfD“ bundesweit für Furore gesorgt. Für die Diplominszenierung der Theaterakademie Köln in Kooperation mit dem nö-theater verknüpft er in der Orangerie den umstrittenen Kleist-Klassiker „Die Hermannsschlacht“ mit den Geschehnissen um den unter Terrorverdacht stehenden Bundeswehrsoldaten Franco A. sowie dem rechtsradikalen Schattennetzwerk „Hannibal“.

Es ist ein anspruchsvolles Unterfangen, das hier auf die Bühne gebracht wird, denn die jungen Schauspiel-Absolventen des TAKs stellen hier nicht nur eindrucksvoll ihre schauspielerische Virtuosität unter Beweis, indem sie gekonnt in unterschiedliche Rollen schlüpfen. Sie sind auch, wie beim nö-theater üblich, an den Recherchen zum Stück beteiligt.

Bevor der Abend die Zuschauer in den Teutoburger Wald entführt, wo Hermann der Cherusker-Fürst (Carmen Konopka) an seiner Falle für die römischen Legionen arbeitet, tritt Franco A. (Sergio Hoenen-Salas) auf, der sich unter das „linksgrün versiffte“ Publikum mischt, um in Kleists Drama die nötige Inspiration für seine eigene Untergrundtätigkeit zu finden.

Im Laufe des Stückes vermischt sich Hermanns nationalistischer Guerillakampf mit den aktuellen Taktiken und Netzwerken deutscher Rechtsextremisten. Franco A. wird Teil der Aufführung und die Zuschauer Zeugen, wie verblüffend einfach es ihm gelang, sämtliche Hürden bei seiner Vorbereitung einer terroristischen Straftat zu überwinden. In der Kaserne in Illkirsch war er Soldat. In seiner Freizeit gab er sich als syrischer Flüchtling mit französischen Wurzeln aus und ließ sich unter dem Namen „David Benjamin“ beim Bundesamt registrieren. Mit dieser Tarnexistenz sollten mutmaßlich terroristische Taten begangen werden, um das öffentliche Klima anzuheizen.

Die Kunst, sich zu verkleiden, neue Rollen anzunehmen, Szenarien zu entwickeln, ist dem Theater wie den rechten Verschwörern gleichermaßen eigen. Auf der Bühne allerdings bringt das Spiel der multiplen Identitäten Licht ins Dunkel, die fünf Darsteller Alexandra Hespe, Carmen Konopka, Nastassja Pielartzik, Sergio Hoenen-Salas und Anna Sander meistern diese anspruchsvolle Aufklärungsarbeit mit Bravour. Janosch Roloff wiederum versteht es meisterhaft, in seiner Inszenierung die immense Fülle an Text und die komplexe Faktenlage so lebendig in Theatertableaus zu packen, dass der Zuschauer über die gesamte Dauer des dramatischen Geschehens bei der Sache bleibt.

Termin: 30.1. bis 1.2., 20 Uhr,

Orangerie-Theater

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