Erfolgreicher als MonopolyEhepaar aus Gummersbach löst Rätsel-Hype aus

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Inka und Markus Brand

Gummersbach – Für Rätsel ist Inka Brand eigentlich zu ungeduldig. Es macht sie nervös, wenn sie vor einer Aufgabe steht und nicht sofort darauf kommt, wie die Lösung aussieht. Nicht die besten Voraussetzungen, um in Deutschland einen wahren Rätsel-Hype auszulösen, sollte man meinen.

Doch Inka Brand ist genau das mit ihrem Mann Markus gelungen. Die Exit-Spiele, die das Ehepaar aus Gummersbach für den Kosmos Verlag entwickelt, sind so erfolgreich, dass sie 2019 erstmals die stärkste Marke auf dem deutschen Spielemarkt waren – noch vor „Monopoly“.

Und weil in der Corona-Pandemie andere Hobbys ruhen müssen, wurde 2020 sogar noch erfolgreicher. „Corona merkt die ganze Branche“, sagt Markus Brand. „Sie ist eine der Gewinner der Pandemie, so schlimm das klingt. Die ganze Welt hat begonnen zu spielen.“

Um 30 Prozent ist der Verkauf von Gesellschaftsspielen 2020 gestiegen. Gerade hat das Ehepaar erfahren, dass sie die Marke von zehn Millionen verkauften Exit-Spielen weltweit geknackt haben. In 24 Sprachen und 22 verschiedenen Versionen sind sie bisher erschienen.

Zehn Millionen Spiele verkauft

Ihre Exit-Spiele sind so genannte Escape-Room-Spiele. Sie werden nicht gegeneinander, sondern miteinander gespielt. Um zu gewinnen, müssen die Spieler Rätsel lösen, die sie durch eine Geschichte führen. 470 solcher Rätsel haben die beiden mittlerweile entwickelt. „Wir gehen mit offenen Augen durch die Welt und überlegen permanent, was man als Rätsel umsetzen könnte. Das kann sein, dass man auf eine Tapete starrt und da plötzlich eine Zahl erkennt“, sagt Markus Brand.

2016 ist ihr erstes Exit-Spiel erschienen. Die Idee kam den damals schon erfolgreichen Spieleentwicklern bei einem Besuch Ende 2014 mit ihren Kindern Emeley und Lukas im ersten Escape-Room Kölns. So etwas müsste es für zu Hause geben, dachten sie sich. Und weil man beim Kosmos Verlag dieselbe Idee hatte, war das Projekt geboren. Mittlerweile gibt es die Spiele auch von anderen Anbietern, aber ihre Spiele liegen mit 75 Prozent Marktanteil weit vorne.

Was verdient man mit solchen Spielen?

Und was verdient man mit einer solch erfolgreichen Reihe? Das will das Ehepaar nicht verraten. Nur so viel: „Wir können inzwischen davon leben. Wir dachten, das bleibt ein Hobby. Dass das so durch die Decke geht, damit hat niemand gerechnet“, sagt Markus Brand.

Drei Tage in der Woche arbeitet der gelernte Versicherungskaufmann aber immer noch in der Agentur, die er von seinem Vater Heiner übernommen hat. Heiner Brand? Gummersbach? Ja, der frühere Handball-Bundestrainer ist Markus’ Vater, aber mit dessen Sport wurde der 2-Meter-Mann selbst nie so richtig warm. „Ich habe es anderthalb Jahre lang talentfrei versucht in der Jugend.“ Dann war Schluss.

Ihn interessierte schon immer das Spielen. Inka ging es nicht anders. 1999 wurden die beiden auf einer Hochzeit von Freunden als einzige Singles nebeneinander gesetzt. Anfangs waren sich beide gar nicht mal sonderlich sympathisch, doch dann kam das Gespräch auf Gesellschaftsspiele.

Und als Markus hörte, dass Inka 300 Spiele besaß, regelmäßig auf Spielemessen ging und sogar eine Fachzeitschrift bezog, war das erste Date schnell abgemacht: Natürlich traf man sich zum Spielen. Die beiden heirateten, bekamen die Kinder Emely und Lukas – und besitzen heute mehr als 3700 Spiele.

Lange Zeit blieb es das große Hobby der beiden. Doch bei einem Spiele-Wochenende zu „Die Siedler von Catan“ gab es auch einen Workshop zu unveröffentlichten Prototypen. „Das fanden wir spannend. Und dann haben wir uns gesagt: Das versuchen wir mal, das kriegen wir auch hin“, erinnert sich Inka Brand. Ganz so leicht war es dann allerdings doch nicht.

Sieben Jahre lang entwickelten sie neben Jobs und Kindererziehung Spiele – ohne Erfolg. Erst für das 17. fanden sie einen Verlag. „Wenn man sich die heute noch mal anschaut, weiß man auch, warum die ersten nicht verlegt wurden. Aber wir sind immer dran geblieben, weil es Spaß gemacht hat – und wir den großen Traum hatten, einmal im Spielwarengeschäft ein eigenes Spiel zu sehen“, sagt die 43-Jährige.

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Der Traum erfüllte sich, das frühere Hobby wurde zu einem großen Erfolg. „Burg der 1000 Spiegel“ und „Monsterfalle“ gewannen den Deutschen Kinderspielepreis, „Der verzauberte Turm“ wurde „Kinderspiel des Jahres“. Im Jahr 2012 folgte dann die Auszeichnung „Deutscher Spielepreis“ und „Kennerspiel des Jahres“ für das Erwachsenenspiel „Village“. Und im September 2020 erhielten sie für „Andor Junior“ erneut den Deutschen Kinderspielepreis.

Sogar ihre Kinder haben mit „Mogelmotte“ den Deutschen Kinderspielepreis gewonnen, damals waren sie zehn und zwölf Jahre alt.

Diese Auszeichnungen sind nicht nur eine Würdigung ihrer Arbeit, sondern auch finanziell ein großer Gewinn. Wer „Spiel des Jahres“ auf seine Box drucken darf, erhöht seine Sichtbarkeit im Laden um ein vielfaches. Bei einem normalen Brettspiel spreche man schon von einem guten Spiel, wenn es sich in Deutschland 20 000-Mal verkauft, so Markus Brand. Der „Spiel des Jahres“-Aufdruck habe „magische Anziehungskräfte“. „Da schnellen die Verkaufszahlen deutlich in die Höhe.“

Ein Traum bleibt unerfüllt

Neben dem längst erfüllten Traum, mal ein eigenes Spiel im Laden zu sehen, hatten die beiden noch zwei weitere Ziele: Zum einen wollten sie dabei sein, wenn jemand eines ihrer Spiele im Laden kauft. Das ist ihnen gelungen. Zu erkennen gegeben haben sie sich nicht, aber „ich habe die Auswahl sehr gelobt“, sagt Markus Brand.

Doch ein Wunsch bleibt für die beiden noch offen: Unbekannten, etwa am Nebentisch im Restaurant, dabei zuzuschauen, wie sie eines ihrer Spiele spielen. Was ihnen bisher nicht vergönnt war, ist ihren Kinder allerdings schon in jungen Jahren gelungen. Deren Kartenspiel „Mogelmotto“ wurde bereits mehrfach am Nebentisch gespielt. Aber da in diesen Tagen das 150. Spiel des Ehepaars erscheint, stehen die Chancen nicht schlecht, sich auch diesen Wunsch zu erfüllen.

Ein gänzlich unerwartetes Erfolgserlebnis gab es auch schon. Sein berühmter Vater wurde gefragt, ob er nicht der Vater von Markus Brand sei. Das kam bisher zwar erst einmal vor, aber wenn es mit der Erfolgsgeschichte der beiden Gummersbacher so weitergeht, war es sicherlich nicht das letzte Mal.

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