Super-Bowl-HalbzeitshowKampfansage an Donald Trump

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Shakira (links) und Jennifer Lopez bei ihrem Super-Bowl-Auftritt

Shakira (links) und Jennifer Lopez bei ihrem Super-Bowl-Auftritt

Köln – In einem zur Übertragung des 54. Super Bowl, dem Finale der amerikanischen National Football League (NFL), geschalteten Werbespot ließ sich Donald Trump als Strafrechtsreformer feiern, der Tausende vom System getrennte Familien wieder zusammenbringt. Der Einspieler gab sich mit seinen von getragenen Klavierakkorden begleiteten, schwarz-weißen Dokumentaraufnahmen ungewohnt staatstragend für den sonst eher grell agierenden US-Präsidenten.

Der Kontrast zum lärmenden Sport-Ereignis im Hard Rock Stadium am Stadtrand von Miami – und erst recht zur glitzernden, vor Energie schier berstenden Halbzeitshow – könnte jedenfalls nicht größer sein.

Die wurde dieses Jahr von der kolumbianischen Sängerin Shakira und Jennifer Lopez, der in New York aufgewachsenen Latina, bestritten und zeigte unter anderem dieses Bild: Ein Chor weiß gekleideter Kinder singt die erste Strophe von „Let’s Get Loud“, eine Single aus Jennifer Lopez’ Debütalbum „On the 6“.

In Käfigen aus Leuchtstäben

Die meisten von ihnen stehen händchenhaltend auf der Bühne in der Form des Venussymbols, einige sitzen jedoch auf dem Spielfeld davor, in Käfigen aus gebogenen Leuchtstäben, die wohl an die durch die amerikanische Einwanderungsbehörde ICE von ihren Familien getrennten und inhaftierten Kinder erinnern sollen.

Angeführt werden sie von Lopez’ elfjähriger Tochter Emme Maribel Muñiz. Dann schaltet die Kamera um auf Shakira, die hinter einem Schlagzeug Platz genommen hat und darauf den Rhythmus zum nun einsetzenden Refrain vorgibt. Emme stürmt auf die Bühne zu ihrer Mutter, die sich in ein irgendwie Muppet-artiges Kunstpelz-Cape in den Farben der US-Flagge gehüllt hat und dieses nun mit weit gespannten Armen und dem Ausruf „Latinos!“ öffnet: Die Innenseite des Umhangs zeigt die Flagge Puerto Ricos, das bevölkerungsreichste Außengebiet der USA ist auch der Geburtsort von Lopez’ Eltern. „Lass uns laut werden“, insistiert die Diva, während ihre Tochter Bruce Springsteens wütend-triumphales „Born in the U.S.A.“ anstimmt. Jubel im Stadion. Der hispanische Bevölkerungsanteil beträgt in Miami rund 70 Prozent.

Mitreißendes Spektakel

Es ist ein mitreißendes Spektakel, eine Zwölf-Minuten-Show aus geschwungenen Hüften, hochgeschnittenen, strassbesetzten Trikots und Stangentanz, aus Feuerwerk, Laserlicht und einer irrwitzigen Abfolge von 15 oft kaum angespielten, aber allseits mitsingbaren Hits der beiden Stars, gewürzt mit allerlei noch Bekannterem: Hier erklingen ein paar Takte aus Led Zeppelins „Kashmir“, dort lalalalat Lopez die Melodie von Kaomas „Lambada“.

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Dazu gibt es Kurzauftritte der aktuell relevantesten Reggaeton-Stars, Bad Bunny aus Puerto Rico und J. Balvin aus Kolumbien, als Junior-Partner der beiden Veteraninnen. Lopez ist 50, Shakira feierte just an diesem Sonntagabend ihren 43. Geburtstag.

Hüften lügen nicht

Aber ihre extrem mehrheitsfähige Show funktioniert zugleich als Gegenprogramm zur Agenda eines US-Präsidenten, der mexikanische Einwanderer pauschal als Vergewaltiger und Puerto Rico als einen der korruptesten Orte der Welt bezeichnet hat (was nicht einer gewissen Ironie entbehrt, da Trump auch dort offizielles Staatsoberhaupt ist).

Keine andere Musikdarbietung erreicht in den USA ein ähnlich großes Publikum. Was beim Super Bowl die Massen unterhalten und die Nicht-Football-Fans vor den Fernseher locken soll, wird so automatisch mit Bedeutung aufgeladen. Oder, wie es Shakira formulieren würde: Hüften lügen nicht.

Im Jahr davor hatten Stars wie Rihanna, Pink und Cardi B den Angeboten der NFL Absagen erteilt. Der Grund: Das unrühmliche Verhalten der Football-Liga im Fall des Quarterbacks Colin Kaepernick, der sich aus Protest gegen den institutionalisierten Rassismus der US-Polizei 2016 geweigert hatte, sich zur Nationalhymne zu erheben.

Die Halftime Show 2019 bestritt dann die zahme Poprock-Band Maroon 5, zur allgemeinen Unzufriedenheit. Die NFL reagierte, in dem sie einen Beratervertrag mit Jay-Zs Firma Roc Nation abschloss. Die Verpflichtung der beiden Latina-Stars ist das Ergebnis dieses neuen Bündnisses.

Glamour und Pep

Shakira und Jennifer Lopez lieferten unter diesen Umständen die bestmögliche Show, aufgeladen mit Glamour, Pep und dringend nötigen politischen Korrekturen des offen rassistischen Präsidenten.

Der tieferliegenden Konflikt ist indes noch nicht beendet: Als Jungstar Demi Lovato zu Anfang des Spiels die Nationalhymne sang, blieben Jay-Z und seine Frau, die zweimalige Halftime-Show-Veteranin Beyoncé, ostentativ auf ihren Ehrenplätzen sitzen.

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