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Tag des offenen DenkmalsMehr als 500 Veranstaltungen in Köln am 10. und 11. September

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Drei vom Verein "Tausendsechs". 

Köln – Das große Jugendstilhaus in Köln-Dellbrück ist nicht zu übersehen: Es steht mit seinem schmucken Erker genau an der Ecke von zwei der belebtesten Straßen des Viertels. Und trotzdem ignorierte es seine Besitzerin – die  Stadt Köln – jahrelang. Seit fast zehn Jahren ist es unbewohnt. 

„Ich habe eine Zeit lang in  Bergisch Gladbach gewohnt und bin jahrelang an dem Haus vorbeigefahren und habe mir gedacht: »Das ist eine Schande, dass das seit einfach Ewigkeiten leer steht«“, sagt Benedikt Schmitz von „Tausendsechs“.

Der Verein, der sich nach der Nummer des Hauses benannt hat, will nun schaffen, was die Stadt versäumt hat: Das baufällige Haus sanieren und wieder beleben.

Benedikt Schmitz sitzt zusammen mit Mirjam Baumert und Philippa Schindler  in dem schönen grünen Innenhof, eine Backsteinmauer dämpft den Verkehrslärm. Alle drei wohnen schon jetzt in gemeinschaftlichen Projekten, die aber „akut bedroht sind oder abgerissen werden sollen“, erzählt er. Zur Zeit lebt er in der Kalker Kulturfabrik, die bald Neubauten weichen muss.

Der „Tag des offenen Denkmals“ findet deutschlandweit statt. Köln hat das Programm seit einigen Jahren auf das  gesamte Wochenende ausgeweitet, denn es ist immer sehr umfangreich: Zu mehr als 150 Themen gibt es allein in Köln  um die 500  Führungen, Vorträge, Ausstellungen, Fahrradexkursionen und Rundgänge. Für einige Veranstaltungen müssen sich Interessierte rechtzeitig anmelden.

https://programm.tag-des-offenen-denkmals.de/

 www.offenes-denkmal.koeln

Der Verein „Tausendsechs“ stellt sich am Samstag, 10. September mit mehreren Führungen  vor. „Gemeinschaftliches und solidarisches Wohnen im Denkmal“ (13 Uhr),  „Sanierungsplanung“ (15 Uhr mit dem Architekten Bodo Marciniak) und „Die Nutzung des Denkmals für Bürger des Viertels“ (16 Uhr). Zusätzlich  gibt es um 17 Uhr eine Infoveranstaltung im Bürgertreff und  eine kleine Ausstellung zur Geschichte des Hauses im Hof. www.tausendsechs.de www.buergertreff1006.koeln

Die Nummer 1006 soll ein neues Zuhause für sie und viele andere werden. Auch sozial geförderte Wohnungen sollen hier entstehen.  Vor allem aber: Viel Raum für Gemeinschaft wie Wohnküchen oder  Arbeitszimmer für alle.  „Ich finde es schön, mit meiner Tochter nicht alleine in einer kleinen Zweizimmer-Wohnung  leben zu müssen. Das erleichtert den Alltag, aber es ist eben auch einfach gut, den Austausch zu haben. Und diese Möglichkeit bietet das Haus hier“, sagt Philippa Schindler.  Und Mirjam Baumert  gefällt nicht nur das Gebäude, sondern auch der Innenhof: „Das ist so ein Ort,  wo ich mir total viel vorstellen kann – dass wir zum Beispiel im Sommer hier  Filmvorführungen machen.“

Es ist ein schöner  alter Bau mit hohen Decken und Jugendstilelementen, der zum Träumen einlädt – aber es ist auch ein Mammutprojekt. In Zeitungsartikeln über das Gebäude wird immer wieder  „Hausschwamm“ erwähnt und  die Fassade bröckelt bedenklich.

Eigentlich wollte die Verwaltung die   sanierungsbedürftige Immobilie einfach meistbietend an einen Investor verkaufen. Doch aus Protest  besetzten wohnungslose Frauen das Haus im Frühjahr 2019 zusammen mit der „Sozialistischen Selbsthilfe Mülheim“ (SSM).  Auch der Bürgertreff, der seit Jahrzehnten im Erdgeschoss aktiv ist, unterstützte die Aktion.

Dass sich nun der Verein „Tausendsechs“ um das denkmalgeschützte Haus kümmert, ist ein Erfolg dieser Besetzungs-Aktion. Denn die Stadt versprach daraufhin, den Altbau doch nicht zu verkaufen sondern in Erbpacht an einen sozialen Träger zu vergeben. Und das Konzept des „gemeinwohlorientierten Wohnens“ von „Tausendsechs“ überzeugte im Rat.

Drei Tipps aus dem Programm

Archäologisch-Historische Spurensuche rund um die Museumsbaustelle der Miqua (QR-Code-Rallye). Mit dem Smartphone können Sie  am Sonntag zwischen 11 und 16 Uhr selbst Informationen über versteckte und verlorene Denkmäler aufdecken.  Mitarbeitende der Archäologischen Zone und des MiQua beantworten Fragen und unterstützen.

Römische Stadtmauer am Mühlenbach. Die Mauer ist in einem schlechten Zustand und wird vom Förderverein Römische Stadtmauer Köln saniert. Die ehemalige Dombaumeisterin Barbara Schock-Werner bietet am  Samstag zwischen  10.30 Uhr und 12 Uhr Führungen an (alle 90 Minuten).

Filmhaus Köln Der Backsteinbau entstand zwischen 1891 und 1897 ursprünglich als Verwaltungsgebäude des ehemaligen Güterbahnhofs Gereon. Danach stand das Gemäuer mit den hohen Fenstern lange leer. Zu einem Zentrum der Filmkultur baute es 1997 der Architekt Bodo Marciniak um, der am Samstag um 13 Uhr eine Führung anbietet (Anmeldung bis 9.9.).

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Anfang nächsten Jahres soll der Umbau zusammen mit dem Architekten Bodo Marciniak beginnen. Der bietet am 10. September vor Ort einen Einblick in die Sanierungsplanung an und hat unter anderem auch das Kölner Filmhaus ungebaut, das  ebenfalls beim „Tag des offenen Denkmals“ mitmacht (siehe „Tipps“).

Um die zwei Millionen Euro werde das Ganze am Ende wohl kosten, schätzt Benedikt Schmitz: „Und das ist natürlich so eine Sache...“. Die Lösung des Problems entspricht ganz dem Geist des Vereins: Gemeinschaft. „Tausendsechs e.V.“ sammelt gerade „Direktkredite“ ein. Von Freunden, Familie und allen anderen, die sich daran beteiligen möchten, das Haus zu erhalten.

„Diese ganzen Fragen, wie wir  an das Geld kommen und die Finanzierung sichern – das machen wir natürlich auch alles ehrenamtlich und  stecken da viel Herzblut und Leidenschaft rein“, sagt Mirjam Baumert . Und Zeit natürlich. Es gibt Arbeitsgemeinschaften zu Finanzen, Architektur und Öffentlichkeit. Und dann müssen auch noch die Details des Vertrags mit der Stadt Köln ausgehandelt werden. „Man kommt schon mindestens auf zehn Stunden die Woche“, schätzt sie. „Und die Sanierung hat noch nicht mal angefangen...“. Philippa Schindler nimmt es mit Humor: „Das ist ein exzessives Hobby“.

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