TaschenspielertricksBenjamin Grosvenors Abend in der Kölner Philharmonie

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Benjamin Grosvenor

Benjamin Grosvenor

  • Der Pianist spielte bei seinem Auftritt in der Kölner Philharmonie unter anderem das zweite Klavierkonzert von Beethoven.
  • Unsere Kritik des Abends.

Frühen Beethoven hat Benjamin Grosvenor in Köln schon einmal gespielt. Ähnlich wie der junge Brite 2018 beim Gürzenich-Konzert das zweite Klavierkonzert ganz auf federnden rhythmischen Elan und trennscharfes Laufwerk hin angelegt hatte, verfuhr er nun im philharmonischen Klavierabend auch bei der Es-Dur-Sonate op. 7. Mit unfehlbarer Egalität nagelte der 27-Jährige die repetierten Achtelnoten des Hauptthemas ein. Wo Beethoven einzelne Töne akzentuiert („Sforzati“), langte der 27-Jährige besonders kräftig hin, ohne dabei im rhythmischen Raster auch nur im geringsten nachzugeben. Fortissimo-Passagen waren ihm gleichfalls eine willkommene Lizenz, den Steinway hochtourig auszufahren.

Ebenso wie die einleitende Rameau-Gavotte mit sechs Variationen fasste Grosvenor auch die Beethoven-Sonate vor allem als glanzvolles Virtuosenstück auf, was zwar keine Fehleinschätzung ist, dem Werk aber doch nicht restlos gerecht wird. Die „sprechenden“ Pausen des langsamen Satzes interessierten ihn weniger als die markant herausgearbeitete Oberstimme, die er durch minimales Vorangehen gegenüber der linken Hand zusätzlich isolierte. Das ist eigentlich ein pianistischer Taschenspielertrick, den man in seiner souverän kalkulierten Wirkung durchaus bewundern kann, der künstlerisch gleichwohl fragwürdig bleibt – ein Zwiespalt, in dem man sich bei Grosvenor häufiger befindet. Liszts h-Moll-Sonate reagiert weit weniger empfindlich auf den Einsatz solcher Mittel. Man könnte zwar auch hier fragen, ob Grosvenor den geistig-konzeptionellen Dimensionen dieses gewaltigen Werkes gerecht wurde, das immer wieder als musikalische Paraphrase über Goethes „Faust“ gedeutet wurde.

Schwungvoll und elastisch

Rein pianistisch indes war das eine Darstellung von exzeptioneller Qualität, schwungvoll und elastisch, anspringend rasant, durchsichtig in der Textur und ausgefeilt bis in die feinsten figurativen Verästelungen hinein. Grosvenor schälte unter dem reich ausgehängten Lametta der Höhenlagen stets die thematische Substanz heraus; das im Klaviersatz eingeschlossene Orchester arrangierte er auf einer breiten Klangbühne mit großartiger Tiefenstaffelung. Was Bravour und schieren Oberflächenreiz betrifft, konnte Grosvenor den Eindruck mit der Zugabe, Liszts „Gnomenreigen“, sogar noch steigern – umso verwunderlicher, dass das Publikum sich damit zufrieden gab und ihm nicht noch mehr hinreißende Kabinettstückchen abrang.

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