Abo

Trauer in der Kölner Jazz-SzeneMusiker Lee Konitz stirbt an Covid-19

Lesezeit 2 Minuten
Lee Konitz im Jahr 2013

Lee Konitz im Jahr 2013

  • Mit dem Altsaxofonisten Lee Konitz ist ein bedeutender Jazz-Künstler aus Köln an Covid-19 gestorben.
  • Ein Nachruf.

Wenigstens einen Platz in der Kölner Innenstadt hätte man nach ihm benennen müssen, eigentlich aber hätte man diesen epochalen Weltstar des Jazz 2006 erst gar nicht gehen lassen dürfen.

Doch der legendäre Altsaxofonist Lee Konitz war zeit seines Lebens ein Reisender, und dass er neun Jahre lang seinen Wohnsitz in Köln hatte, war ohnehin nur Eingeweihten mehr als ein Schulterzucken wert. Die Kölner Jazzszene indes zehrte immens von seiner Anwesenheit, und weil Konitz nie jemand war, der feste Bands bevorzugte, kamen viele in den Genuss, mit ihm zu spielen und von ihm zu lernen.

Das könnte Sie auch interessieren:

Unglaubliche 75 Jahre lang währte seine musikalische Karriere. Als Sohn jüdischer Auswanderer 1927 in Chicago geboren, war er bereits 1950 maßgeblicher Protagonist in Miles Davis’ Projekt „Birth of the Cool“, sein sphärisch ungewöhnlicher Klang im Stück „Moon Dream“ wirkt heute noch frisch und zeitlos modern. Damals feierte man Konitz als die einzige individuelle Stimme des Altsaxofons neben Charlie Parker, über Jahrzehnte hinweg galten er und Pianist Lennie Tristano als zentrales Duo des Cool-Jazz. Gleichwohl ließ sich Konitz in seiner stupenden Technik sowie seiner melodisch unfassbaren Schönheit nie vorschnell kategorisieren. Mit Vorliebe spielte er Jazz-Standards, als würde er sie in seinen weichen, mitunter leicht angerauten Improvisationen gerade erst erfinden: quasi seine ganz persönliche Kunst des „instant composing“.

1956 erstmals in Köln

Als er 1956 auf Einladung von Gigi Campi erstmals nach Köln kam und mit Hans Koller, Attila Zoller und Johnny Fischer spielte, war er längst ein Star, freilich einer zum Anfassen, freundlich, nahbar, äußerlich alles andere als charismatisch, aber doch ein verführerischer, schier unerschöpflicher Geschichtenerzähler. Selbst seinem fast 40-minütigen Solo-Flug in „The Song Is You“ folgt man ohne jede Ermüdung, seine berühmten Duo- und Trio-Auftritte sind Jazz-Geschichte. Nach Köln kam Konitz immer wieder, etwa zum Neujahrskonzert 2010 in die Philharmonie oder häufig und gerne ins Pfandhaus, wo er mit Pianist Thomas Rückert und Bassist Henning Gailing jene intime Stimmung heraufbeschwor, die bereits 1997 seine herausragenden Aufnahmen mit Charlie Haden und Brad Mehldau prägte.

Lee Konitz, einer der bedeutendsten Jazz-Künstler, starb am Mittwoch mit 92 Jahren in New York durch Covid-19.

KStA abonnieren