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Vertrauen in den Bestseller

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Dass ausgerechnet der Filmstar Betty Winter am Set von einem Scheinwerfer getroffen wird und durch einen Stromschlag stirbt, macht skeptisch. Kommissar Gereon Rath findet Indizien für einen Mord. Seine Ermittlungen führen ihn tief in das Herz einer im Umbruch vom Stumm- zum Tonfilm befindlichen Branche.

Kommt Ihnen diese Geschichte aus der zweiten Staffel der Serie „Babylon Berlin“ bekannt vor? Sicher nicht, denn abgesehen von den Figuren haben Tom Tykwer, Achim von Borries und Hendrik Handloegten Volker Kutschers Romanvorlage „Der stumme Tod“ nahezu vollständig verworfen. Eine merkwürdige Entscheidung. Hätte man dann nicht gleich einen eigenen Stoff schreiben können? Doch damit liegt man falsch. Es war für die Macher leichter, eine Romanvorlage an die Produktionsfirmen der Serie zu verkaufen, als einen ungetesteten Entwurf.

Extreme Abweichungen selten

Das ist einer der Gründe, warum Romanverfilmungen in der deutschen Film- und Fernsehwelt im Kommen sind. Obwohl immer fraglich ist, wie viel von einem Roman für einen Film oder eine Serie geändert wird, sind extreme Abweichungen wie bei „Babylon Berlin“ die Ausnahme. Das erklärte Filmjournalist Michael Töteberg in seiner Keynote zum Branchentreff „Based on a Novel – Die neue Rolle des Romans als Filmstoff?“ der Akademie für Film- und Fernsehdramaturgie „TOP: Talente“ im Nato-Saal des WDR.

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Töteberg und die anderen Beteiligten der Talkrunde vom WDR, von Network Movie und der Literaturagentur Copywrite waren sich einig: Romane sind nicht nur aufgrund ihrer Bekanntheit und Verkaufszahlen als Filmstoff attraktiv, sondern auch wegen ihrer Plots und Figuren, die das Entwickeln eigener Stoffe ersetzen können.

Gerade die Unübersichtlichkeit des Buchmarktes erweist sich für Produzenten als Gewinn. Es gibt nicht nur mehr Werke, als je verfilmt werden könnten; weil man schnell reagieren muss, um sich Rechte an Bestsellern zu sichern, entsteht auch eine enge Bindung der Produktionsfirmen an die Buchverlage. Für die ist es nicht nur leichter, gute Romane ohne eigene „Marke“ an den Mann zu bringen, sie können zwischen den Bietern wählen. Schließlich geht es ja nicht immer nur darum, den Zahlungsfähigsten auszumachen – im Idealfall soll gute Kunst entstehen.

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