Abo

WDR-RundfunkratSPD kritisiert CDU wegen erzkonservativem Kandidaten

Lesezeit 3 Minuten
Über die zukünftige Besetzung des WDR-Rundfunkrats gibt es Streit im Düsseldorfer Landtag.

Über die zukünftige Besetzung des WDR-Rundfunkrats gibt es Streit im Düsseldorfer Landtag.

Köln – Die Entsendung eines neuen Mitglieds in den Rundfunkrat des WDR sorgt für Kritik. Vor der Sommerpause hatte der Landtag auf Vorschlag der CDU-Fraktion beschlossen, den Verband kinderreicher Familien für die Entsendung in das Gremium zu nominieren. SPD, FDP und Grüne folgten der Empfehlung. Ein Fehler? Recherchen des Nachrichtenmagazins „Der Spiegel“ haben ergeben, dass ein Mitglied des Beirats homophobe Positionen vertritt. Der Sozialwissenschaftler Manfred Spieker, der Mitglied des erzkatholischen Geheimbunds „Opus Dei“ ist, hatte Homosexualität als „lebensfeindlich“ bezeichnet.

Ein weiterer Berater, der Bevölkerungswissenschaftler Herwig Birg, hatte seine Thesen über die Zuwanderung im Jahr 2015 bei einem Bundesparteitag der AfD vorgetragen. Birgs kritische Analysen zur Migrationspolitik sollen danach in Teilen von der AfD übernommen worden sein. Der Ökonom Bernd Raffelhüschen, ein weiteres Beiratsmitglied, soll laut „Spiegel“ ebenfalls „durch antimoderne Denkmuster“ aufgefallen sein. Politiker von SPD und Grünen hegen jetzt Zweifel daran, dass der Verband kinderreicher Familien eine Bereicherung für den Rundfunkrat sein wird.

SPD kritisiert CDU für die Entsendung

Der medienpolitische Sprecher der SPD-Fraktion im Landtag, Alexander Vogt, sagte dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ auf Anfrage: „Uns war nicht bekannt, dass der Verband kinderreicher Familien Beziehungen zu Opus Dei und zur AfD unterhalten soll. Sollte das so sein, wäre das sehr bedenklich. Da dieser Wahlvorschlag von der CDU stammt, ist es jetzt Aufgabe der CDU, diesen Sachverhalt so schnell wie möglich aufzuklären.“ Bei der CDU ist der Abgeordnete Thorsten Schick für die Medienpolitik zuständig.

Bei der Entsendung von Verbänden in den WDR-Rundfunkrat ist es üblich, dass die Fraktionen Organisationen vorschlagen und dann eine gemeinsame Liste verabschiedet wird, da diese nur mit Zweidrittelmehrheit den Landtag passieren kann. Auch Oliver Keymis, Vize-Präsident des Landtags und Medien-Experte der Grünen, sieht die Verantwortung für das umstrittene Votum bei der CDU. „Die CDU-Fraktion hat sich für den Verband kinderreicher Familien ausgesprochen und darauf bestanden, dass dieser auf die Liste kommt. Unter den demokratischen Fraktionen sollte man sich darauf verlassen können, dass die Verbände, die sie vorschlagen, auch von ihnen geprüft worden sind“, sagte Keymis. Die Grünen hätten beispielsweise den Kinderschutz- und den Mieterschutzbund sowie den Literaturrat NRW benannt. „Wir erwarten, dass der Verband kinderreicher Familien jetzt eine Person nominiert, die die freiheitlichen Werte einer vielfältigen Gesellschaft vertritt“, sagte Keymis.

Die CDU weist die Kritik zurück. „Der Verband ist in seiner Tätigkeit als Sachverständiger in Anhörungen des Landtags nie mit radikalen Positionen aufgefallen“, sagte ein Fraktionssprecher dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. Diese Arbeit sei die Grundlage der Bewertung durch die CDU gewesen.

Man habe verhindern wollen, dass im Rundfunkrat Plätze frei blieben. Mit dem Vorschlag für eine Gruppe mache man sich nicht deren Positionen zu eigen. „Die Suggestion, dass die Positionen dreier Beiratsmitglieder (von insgesamt elf) stellvertretend für einen gesamten Verband stehen sollen, kann man durchaus bezweifeln“, erklärte der Sprecher.

Das könnte Sie auch interessieren:

In der Landesregierung ist der Chef der Staatskanzlei, Nathanael Liminiski (CDU), für die Medienpolitik verantwortlich. Eine Sprecherin lehnte eine Kommentierung des Vorgangs ab, weil die Entsendung von Mitgliedern in den Rundfunkrat eine Angelegenheit des Landtags sei. Der neue Rundfunkrat kommt am 1. Dezember zu seiner konstituierenden Sitzung zusammen. Das Gremium hat derzeit 60 Mitglieder. Pro Legislaturperiode kann der Landtag fünf neue Gruppen benennen.

Der Verband kinderreicher Familien ließ eine Anfrage unserer Zeitung unbeantwortet. In einer Stellungnahme vom Montag sagte die NRW-Landesvorsitzende Isabel Gronack-Walz, der Verband fühle sich durch die Entsendung „geehrt“: „Wir stehen in unserer Gesellschaft vor großen Herausforderungen, und es ist wichtig, dass Menschen in allen Lebenskonstellationen voneinander wissen“.

KStA abonnieren