Wo sind die Frauen?

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Frauen brauchen mehr Präsenz in der Comedy: „Kroymann“ war lange Zeit die einzige weibliche Satire-Sendung im Ersten.

Frauen brauchen mehr Präsenz in der Comedy: „Kroymann“ war lange Zeit die einzige weibliche Satire-Sendung im Ersten.

„Warum sitzen da vorne nur Frauen und diskutieren, wenn es um das Thema Gender Imbalance geht?“, so die Frage eines männlichen Zuschauers. Die Antwort von Aycha Riffi, Leiterin der Grimme-Akademie, im Studio der „heute show“ in Köln-Mülheim fällt knapp aus. Sie habe sich bewusst dazu entschieden, drei Frauen und keine Männer auf das Podium zu setzen. Applaus brandet auf für dieses Statement. Kein Thema wird auf der diesjährigen Comedy-Fachtagung „Was gibt’s da zu lachen?“ so heiß und ernsthaft diskutiert wie das Thema Gender Imbalance. Frauen aus dem Lach-Geschäft berichten auf der Tagung der Grimme-Akademie und Next Step Next Crossmedia von ihren Erfahrungen mit Geschlechterungleichheiten in der Comedy-Szene und diskutieren, was eine Frauenquote bringen könnte. Die Ausgangslage wird von Damaris Sánchez Parellada, Format-Entwicklerin bei ZDF/funk, treffend zusammengefasst: Late Night- und Satire-Shows im Fernsehen sind auch 2020 immer noch männlich dominiert. Deshalb gehe es darum, Sensibilität zu steigern und Initiative zu zeigen. Formate wie „Kroymann“, „Sisters of Comedy“ oder „Ladies Night“ seien da gute Wegbereiter. Passend, dass gerade zu diesem Anlass Mariella Tripke, Autorin von „Kroymann“ und „Pussyterror“, und Elke Thommessen, Programmleiterin von „Ladies Night“, hinter dem berühmt-berüchtigten Pult der „heute show“ sitzen. Beide berichten davon, wie sie im Berufsalltag mit Geschlechterungleichheiten zu kämpfen haben und wie ihnen dabei immer wieder das Klischee-Denken, Frauen könnten nur über Frauenthemen reden, um die Ohren fliegt. Es ist eine große Freude, Tripke dabei zuzuhören, wie sie diese Vorurteile sarkastisch auseinandernimmt: „Genau, am besten kenn ich mich halt mit Menstruation aus.“ Außer mit Humor kann man solchem sexistischen Gerede wohl auch nicht begegnen. Auch wenn Uneinigkeit über eine Quote die Runde bestimmt, sind sich doch alle einig, dass mehr Macherinnen in Sachen Comedy vor und hinter der Kamera arbeiten sollten. Der Konkurrenzkampf unter Frauen würde laut Tripke unnötig befeuert werden, wenn man Comedians in Schubladen stecke: „Es muss aufhören mit dem »Es kann nur eine Frau geben«.

Oder wie Beyoncé einst sagte „you can’t be what you can’t see“ (Du kannst nicht jemand sein, der nicht zu sehen ist). Das trifft besonders auf die Comedy-Branche zu. Frauen brauchen hier ein größeres Netzwerk und mehr Sichtbarkeit in ihrem Berufszweig. Leider fehlen Frauen wie die während der Diskussion oft erwähnte Lilly Singh – eine indisch-kanadische Youtuberin und seit 2019 die einzige weibliche Late-Night-Talkerin bei einem großen amerikanischen Sender – bislang im deutschen Programm oder sind noch ein Nischenprodukt. Es bleibt also noch viel zu tun. Vor allem, wenn es immer noch nicht selbstverständlich ist, dass Männer, wie es eine Zuhörerin treffend zusammenfasst, ihre Privilegien mal checken, bevor sie den Mund aufmachen. Frauen in der Branche müssten oft sexistische Anfeindungen aushalten, so Thommessen, werden auf Twitter oder in Leserbriefen immer wieder Opfer von Vergewaltigungsfantasien, die so übel seien, dass sie diese den Comedians lieber vorenthalte.

Ebenso häufig seien Absagen mit dem Argument, dass man ja schon eine Frau habe. Die Heidi-Klum’sche Logik „Es kann nur eine geben …“ gegenüber Frauen in der Comedy, fordert Mariella Tripke, sollte jedenfalls ein für alle Mal zu den Akten gelegt werden.

Comedy-Autorin Mariella Tripke

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