Zum Glück nah am Wasser gebaut

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Das Bürogebäude Pier 15 im Kölner Rheinauhafen

Das Bürogebäude Pier 15 im Kölner Rheinauhafen

  • Das Kölner Architekturbüro Römer, Kögeler und Partner sucht nach richtigen Maßstäben für die verdichteten Städte

In der Stadtentwicklung ist Verdichtung das neue Mode- und Zauberwort. Die beliebten Städte sollen nicht mehr in die Breite wachsen, sondern die Lücken schließen und alte Industriegelände in lebendige Viertel verwandeln. Doch das Problem mit der Verdichtung liegt schon im Wort begründet: Irgendwann wird es in der Stadt zu eng – und außerdem zu heiß. Die Platzangst der Bürger wird durch fehlende Belüftungskammern buchstäblich angeheizt. Schon deswegen kann sich Köln glücklich schätzen, nah am Wasser gebaut zu sein; und die Architekten gleich mit dazu. Alte Hafenareale verbinden nämlich im Prinzip alles Gute der städtebaulichen Verdichtung: ungenutzte Gelände, große Freiflächen und natürliche Belüftung.

Bernd Römer gehört zu den Architekten, die maßgeblich mithalfen, den alten Kölner Zoll- und Umschlagshafen in eine urbane „Rheinaue“ zu verwandeln. In seinen Architekturbüros Römer, Kögeler und Partner und – bis ins Jahr 2007 – Oxen + Römer entstanden die Entwürfe des Bürogebäudes Pier 15, die langgezogene Wohnanlage Im Zollhafen und die entfernt an gestapelte Container erinnernde Wohnwerft. Tatsächlich kam Römer die Idee zu diesem Musterbau, als er ein Containerschiff auf dem Rhein vorüberfahren sah; daraus entwickelte er dann ein Gebäude, das die Anmutung industrieller Hafenarbeit in einer eleganten Fassade auffängt und weiter spinnt.

Allerdings ist der Kölner Rheinauhafen auch ein gutes Beispiel dafür, dass Bauen am Wasser kein Selbstläufer ist. Generell findet Bernd Römer, dass „mehr Einzelhandel und Geschäfte im Erdgeschoss“ jedem neuen Stadtteil nur „gut tun“ können – in der Gesamtheit des Rheinauhafens sei dies nicht wirklich gut gelöst, auch weil das neue Viertel durch die Rheinuferstraße von den alten Veedeln abgeschnitten ist. Trotzdem glaubt er an das nächste Kölner Rheinvorhaben: „Der Deutzer Hafen hat ein Riesenpotenzial, denn er ist für die Stadt gedacht.“ Römers eigenes Wasserprojekt, ein Wohn- und Geschäftsgebäude im alten Mainzer Zollhafen, soll nächstes Jahr vollendet werden. „Man fährt mit dem Bötchen weiter“, so Römer, „und kommt in Mainz an. Dort ist die Mentalität gar nicht so anders.“

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Wohnhaus im Kölner Zollhafen

Wohnhaus im Kölner Zollhafen

Ein Spezialist für alte Häfen will das Architekturbüro Römer, Kögeler und Partner aber trotzdem nicht sein. „Wir sind Generalisten für schöne Architektur“, sagt Klaus Hox-Beier, einer von Römers Partnern, der unter anderem den neuen Busbahnhof in Hennef entwarf. „Eigentlich kannst du damit nichts gewinnen“, so Hox-Beier, weil die meisten Busbahnhöfe aus dem Katalog zusammengesetzt würden und die Auftraggeber oftmals auch gar nichts anderes wollten. „In Hennef haben wir den Standard durchbrochen“, sagt Hox-Beier, „und den ersten LED-gesteuerten Busbahnhof in Deutschland gebaut.“ Der leuchtet in wechselnden Farben und wirkt bei einsetzender Dunkelheit wie ein Wegweiser durch die Nacht.

In über 30 Jahren als Kölner Architekt hat Bernd Römer zahlreiche Spuren in der Stadt hinterlassen – und davon viele an prominenter, wenn nicht – im kölschen Sinn – heiliger Stelle. So stammt das neue Verwaltungsgebäude am Geißbockheim von ihm, ein durch gebrochene Zeilen rhythmisierter Bauriegel, mit dem sich der 1.FC Köln erstaunlich entschlossen von jeder Effzeh-Seligkeit entfernte. Stärker frequentiert wird von Römers Bauten wohl nur der Elefantenpark im Kölner Zoo. Ein Gebäude, das Besuchern wie Bewohnern gleichermaßen gefallen muss – wobei sich Römer in die Psychologie der Elefanten naturgemäß erst einfinden musste. Wichtig war ihm, dass die Tiere etwas tun müssen, dass sie das Fressen nicht einfach präsentiert bekommen. Im Kölner Elefantenpark gibt es deshalb Futtergänge, also Anlagen, in denen die Tiere auf Nahrungssuche gehen können.

An der Innenhofüberdachung des Spanischen Baus war Römer ebenfalls beteiligt, er hat im Mediapark gebaut, die Innenstadt von Bergisch Gladbach mit einem beinahe klassizistischen Kaufhaus aufgewertet und an Schulgebäuden in Köln und der Region mitgewirkt. Einen einheitlichen Stil hat Römer dabei nie angestrebt. „Wir haben keine feste Formensprache“, sagt er. „Einmal Flachdach, immer Flachdach, das ist doch Unsinn. Es geht um städtebauliche Maßstäblichkeit.“ Und um die richtigen Bauherren: „Die Auftragsgröße spielt eigentlich keine Rolle, auch ein Um- und Anbau im Bergischen Land kann eine architektonische Herausforderung sein.“ So wie ein mit dem Naturstein-Preis 2018 prämierter Anbau in Rösrath, einer Ziegelarbeit in Grauwacke, die aus einem Saunabereich im Freien einen Teil des Wohnhauses macht. Einen entscheidenden Unterschied zu Großprojekten gibt es für Römer allerdings: „Wenn man sich bei einem kleinen Bauvorhaben bei den Kosten verschätzt, kann es sein, dass der Bauherr lange nicht mehr in Urlaub fährt.“

Das Lindlar-Haus in Bergisch Gladbach (links)

Das Lindlar-Haus in Bergisch Gladbach (links)

In den letzten Jahren konzentriert sich Römers Büro mehr auf den Wohnungsbau, weil der Markt danach verlangt. Allerdings hat dieser Bauboom durchaus Schattenseiten: „Je größer die Nachfrage, desto höher die Renditeerwartung – und desto schwieriger wird es, gute Qualität zu bauen“, sagt Klaus Hox-Beier. Und die Hoffnung auf Rendite ist aktuell besonders groß, denn nicht nur nach Römers Einschätzung sind „die Grundstückspreise zur Zeit maßlos überteuert“.

Für Hox-Beier gibt es gleichwohl noch andere Hindernisse auf dem Weg zum guten Bauen: „Routine ist gefährlich“, sagt er. „Man sollte nicht nur ins immergleiche Töpfen langen.“ Das mache den Wohnungsbau besonders schwierig, denn hier sei vieles vorgegeben. „Jeder Raum braucht dort nun mal ein Fenster.“ Und am besten soll es aufs Wasser hinaus gehen.

Zur Serie

In loser Folge stellen wir in unserer Serie „Architekten im Rheinland“ bemerkenswerte Architekturbüros aus Köln und der Region vor. Auf meyerschmitzmorkramer, Manuel Herz, Astoc und Thomas Duda folgt nun das Kölner Büro von Bernd Römer, der unter anderem die Wohnwerft im Rheinauhafen, das neue Geißbockheim und den Elefantenpark im Kölner Zoo entwarf. (KoM)

ARCHITEKTEN IM RHEINLAND (5)

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