Lebenskünstler und listiger Schelm

Lesezeit 2 Minuten
"Hexe Köbes" schrieb einst Lokalgeschichte.

"Hexe Köbes" schrieb einst Lokalgeschichte.

Bergisch Gladbach - Anfang April 1992 trat der städtische Verschönerungsverein zu seiner alljährlichen Jahreshauptversammlung im Bergisch Gladbacher Rathaus zusammen und beschloss unter anderem, die Stadt durch eine großzügige Schenkung um eines ihrer Originale in Form einer lebensgroßen Skulptur zu bereichern. Dieses Denkmal sollte nicht nur an die Lebensart der alten Gladbacher erinnern, sondern auch die Stadtmitte künstlerisch beleben.

Zur Diskussion standen dabei die volkstümlichen Helden „De Joddemöhn“ (Wilhelmine Brock), der „Lügschuster von Hebborn“ (Matthias Tobias), der „Hippe-Herscheid“ (Wilhelm Herscheid) und der „Hexe Köbes“ (Jakob Altenrath). Ein ganzes Jahr lang wurden Bilder, Dokumentationen und Fotos der einzelnen Personen gesammelt und ausgewertet. Nach der langen Recherche einigte man sich schließlich auf eine Skulptur in Erinnerung an „Hexe Köbes“.

Dieser schrieb zwischen 1865 und 1944 Gladbacher Lokalgeschichte. Er war Lebenskünstler, „Suffkopp“, listiger Schelm, Zauberer und Geschichtenerzähler, aber auch ein immer aufrichtiger Zeitgenosse. Mit seinem Raritätenkabinett im alten Fronhof hinter der Laurentius-Kirche, das er selbst das „Hexe Köbes-Museum“ nannte, begeisterte er seine neugierigen und abenteuerlustigen Besucher. Dort stellte er beispielsweise den angeblichen Schädel des Rotkäppchen-Wolfes, den Daumennagel des Riesen Goliath, die Reiterstiefel Jan Wellems oder die Schnupftabakdose des Propheten Mohammed aus und erzählte dazu augenzwinkernd spannende Geschichten. Eine Zeitzeugin erzählt: „Er war ein magerer, kleiner Mann, der sich über die Misere des sorgenvollen Alltags hinweg ein Reich der Träume geschaffen hatte, in dem er der ungekrönte König war.“

Mit der knapp 80 000 Mark teuren Bronze-Skulptur, einem Werk von Rolf Steudel, setzte ihm seine Stadt dafür ein Denkmal. Der Aufstellungsort liegt ganz in der Nähe seiner damaligen Wirkungsstätte, in der Fußgängerzone an der Laurentius-Kirche. Feierlich wurde die Skulptur am 11. Juni 1995 von Heinz Fröling, dem Vorsitzenden des Verschönerungsvereins, an die damalige Bürgermeisterin Maria Theresia Opladen übergeben - seitdem besitzt der „ungekrönte König“ auch endlich eine Krone. (cs)

KStA abonnieren