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Leverkusen: Ende des Dauerstreiks der Busfahrer

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Verdi-Sekretär Horst Lohmann (2.v.r.) kam nach den Verhandlungen zum Wupsi-Betriebshof an der Borsigstraße, um die streikenden Busfahrer zu informieren.

Verdi-Sekretär Horst Lohmann (2.v.r.) kam nach den Verhandlungen zum Wupsi-Betriebshof an der Borsigstraße, um die streikenden Busfahrer zu informieren.

Nach knapp 13 Monaten Streik kam es am Mittwoch bei der Wupsi-Tochter Herweg (HBB) zur Einigung über einen Haustarifvertrag.

Der vermutlich längste Ausstand, den das Land in den vergangenen Jahren gesehen hat, geht zu Ende: Fast 13 Monate nach dem Beginn des Dauer-Streiks bei den Fahrern des Herweg-Busbetriebs (HBB) am 9. Januar 2004 stimmten der Aufsichtsrat der Kraftverkehr Wupper-Sieg AG und die Gesellschafterversammlung von HBB gestern Morgen dem Abschluss eines Haustarifvertrages mit Verdi zu. In einer Urabstimmung gaben auch die Fahrer am Nachmittag grünes Licht. Am Freitag soll der Tarifvertrag offiziell unterschrieben werden, übernächstes Wochenende sollen die Fahrer - nach Tarifschulung und Fahrprüfungen - wieder am Steuer sitzen. „Ein glücklicher Tag“, lautete am frühen Abend das Urteil eines erleichterten HBB-Betriebsratsvorsitzenden Helmut Burkhardt. Mit der Einigung gehe für die etwa 50 Fahrer Fahrer eine lange Zeit „psychischer Belastung und Ungewissheit“ zu Ende.

Inhaltlich haben bei dem neuen Tarifvertrag beide Seiten Zugeständnisse gemacht: Einen Spartentarifvertrag, wie ursprünglich von Verdi gewollt, gibt es nicht, wie HBB-Geschäftsführer Marc Krekowski erklärte. Dafür sind in dem neuen Haustarifvertrag aber die drei ersten Grundlohnstufen des Tarifvertrages Nahverkehr Nordrhein-Westfalen enthalten. Effektiv, so Kretkowski, bedeute der neue Vertrag für die Mitarbeiter eine Gehaltssteigerung von etwa drei bis vier Prozent. Rein finanziell, so Burkhardt, bewege man sich damit etwa in der Größenordnung vom März vergangenen Jahres, als HBB den Busfahrern eine Gehaltserhöhung von vier Prozent angeboten hatte - was abgelehnt wurde. Schon damals allerdings hatte Burkhardt erklärt, dass es nicht primär ums Geld, sondern ums Prinzip gehe. Und das beinhalte, dass der Tarifvertrag des privaten Omnibusgewerbes durch einen Verdi-Tarifvertrag ersetzt werde.

Die Bedeutung eben dieses, nun vollzogenen Schrittes betonte Burkhardt auch am Mittwoch. Außerdem würden die vier entlassenen Fahrer wieder eingestellt, „was für uns eine Grundbedingung war.“ Gar nicht hoch genug bewerten könne man außerdem die Tatsache, dass im Rahmen der Vertragslaufzeit bis 31. Dezember 2009 betriebsbedingte Kündigungen ausgeschlossen seien. Das gebe Sicherheit.

Auch Kretkowski zeigte sich zufrieden. Die finanzielle Mehrbelastung für HBB liege nur bei etwa durchschnittlich 1,9 Prozent über die gesamte Vertragslaufzeit. Konkrete Zahlen wollte er nicht nennen. Erreicht worden sei dies durch die Vereinbarung gewisser „Kompensationsmaßnahmen“. So habe man sich etwa auf eine Reduzierung des Urlaubsgeldes und eine Minderung des Zuschlags für geteilte Dienste geeinigt. Insgesamt bewertete er die Entwicklung positiv: „Die ganze Sache ist jetzt vorbei - und das mit einer moderaten Belastung, die das Unternehmen verkraften kann und es wettbewerbsfähig hält.“ Die lange Laufzeit bedeute auch für HBB Sicherheit.

Oberbürgermeister Ernst Küchler bewertete das Ergebnis der Einigung auf Anfrage „ausgesprochen positiv“: „Ich freue mich“, erklärte er am Mittwoch. „Das ist ein ausgewogenes Paket, die Interessen beider Seiten sind berücksichtigt worden.“

Nicht nur pure Freude herrschte dagegen am Nachmittag im Zelt an der Einfahrt zum Wupsi-Betriebshof. Immer wieder fiel das Wort Spartentarifvertrag: Viele Busfahrer kritisierten, dass „nur“ ein Haustarifvertrag ausgehandelt wurde. Auch Jannis Metaxeniou, dem so gar nicht nicht zum Feiern zumute war. „Weniger Urlaubsgeld, Abstriche beim Fehlgeld und der Vorarbeitszeit“ - der 48-Jährige hatte an den Zugeständnissen, die von der Gewerkschaft gemacht wurden, einiges auszusetzen. Aber: „Wir könnten noch zwei Jahre streiken und wir würden auch nicht mehr erreichen“, so Metaxeniou.

Eine bittere Bilanz zog auch Oli Gedik. Für den 33-jährigen Busfahrer sind er und seine Kollegen die Verlierer, weil der erhoffte Spartentarifvertrag vom Tisch ist. Mit der von Verdi ausgegebenen Parole, dass sich die Hartnäckigkeit der Streikenden gelohnt habe, konnte Gedik wenig anfangen. Verdi solle zugeben, dass der Vertrag kein Erfolg sei, forderte er. Dass einzige, was er persönlich gewonnen habe, sei Erfahrung: „Einmal streiken und nie wieder". Busfahrer Holger Hack dagegen gab sich optimistisch: „Wir haben einen Kompromiss gefunden, mit dem wir leben können."

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