Abo

Stadtplanerin Christiane Thalgott„Boden sollte intensiv besteuert werden“

Lesezeit 2 Minuten
Neuer Inhalt (9)

Christiane Thalgott

Frau Thalgott, Sie waren 15 Jahre lang Stadtbaurätin von München. 2017 haben Sie die Initiative für soziales Bodenrecht mitgegründet. Warum ist das Bodenrecht so wichtig für das Wohnen in der Stadt ?

Der Boden ist weder vermehrbar, noch kann man ihn verschieben. Ist es also richtig, dass der Boden privatisiert wird, oder muss er nicht in Wahrheit der Allgemeinheit gehören? Wir erleben derzeit, dass Menschen exzessiv Boden in unseren Städten kaufen, um auf diese Weise ihr Geld anzulegen. Gerade Menschen aus Ländern wie China oder Saudi-Arabien, in denen der Boden vom Staat enteignet werden kann, wollen ihr Geld in Sicherheit bringen. Deutschland ist da attraktiv, weil wir ökonomisch gut dastehen, aber auch, weil wir ein sehr ausgefeiltes Recht am Eigentum haben.

Warum hat sich denn die Situation gerade in den vergangenen Jahren so verschärft?

Weil seit dem Bankencrash 2009 die Investition in Aktien nicht mehr so interessant ist.

Was sollte sich ändern?

Das Bodenrecht muss grundsätzlich geändert werden. Es sollte eine massive Steuer auf Werterhöhungen geben. Ist der Boden heute das Hundertfache von dem Wert, was er vor 20 Jahren wert war, sollte er intensiv besteuert werden.

Warum?

Weil die Gewinne oft durch die öffentliche Hand hergestellt werden, in dem etwa ein U-Bahn-Anschluss oder eine Schule gebaut wird. Das erhöht den Wert des Bodens. Das ist im hohen Maße ungerecht, weil jede Minderung des Bodenwerts von der öffentlichen Hand bezahlt werden muss.

Nun haben in den letzten Jahrzehnten viele Städte ihren Grund und Boden verkauft.

Das haben nicht alle Städte gemacht. München hat nie etwas verkauft. Allerdings hatte München nie viel öffentlichen Grund, sondern war bis ins frühe 20. Jahrhundert eine arme Stadt.

Das könnte Sie auch interessieren:

Wie kann man noch mehr bezahlbaren Wohnraum in den Städten schaffen?

Einfach, in dem man in den Städten baut, oder dort, wo städtebauliche Verträge gemacht werden, den privaten Investoren auferlegt, einen großen Anteil geförderten Wohnungsbau zu schaffen. München fordert seit 1993 in Verträgen, dass 30, später 40 Prozent geförderter Wohnungsbau entstehen.

Gibt es Lösungen, die vom Bund kommen könnten?

Der Bund könnte das Vorkaufsrecht der Gemeinden verändern, so dass diese Grundstücke zum Ertragswert statt zum Marktwert erwerben können. Kaufe ich ein Grundstück, das für den geförderten Wohnungsbau vorgesehen ist, habe ich einen viel niedrigeren Ertragswert, als wenn ich darauf Bürohäuser baue.

KStA abonnieren